Durch dick und dünn
Was macht eine gute Blauwasser-Yacht aus, wie findet man das passende Modell? Wir haben die wichtigsten Kriterien zusammengefasst und erfahrene Weltumsegler um ihre Meinung gebeten
Die Entscheidung für eine Langfahrt ist gefallen, bevorzugtes Revier und geplante Dauer sind zumindest in groben Zügen abgesteckt. Nun fehlt nur noch eines: das richtige Schiff. Die Suche danach ist Teil des Abenteuers, in jedem Fall aufregend, manchmal frustrierend, oft voller unerwarteter Wendungen. Viele Wege führen ans Ziel, jeder löst die Aufgabe auf seine ganz persönliche Weise. Und doch gibt es ein paar Grundsatzthemen, über die sich jeder Kaufwillige den Kopf zerbrechen sollte. Die allererste Frage, die man sich stellen sollte, ist laut Andreas Hanakamp jene nach der bevorzugten Nutzung. Der ehemalige Volvo-Ocean-Race-Skipper begleitet immer wieder Projekte im Blauwasserbereich, etwa die Weltumsegelung einer Familie mit zwei kleinen Kindern, und betreut derzeit den Bau mehrerer Fahrtenyachten um die 60 Fuß. Soll gemütliches Wohnen oder schnelles Segeln im Vordergrund stehen? Wer darauf eine ehrliche Antwort findet, kann Prioritäten setzen und muss keine faulen Kompromisse eingehen. Hanakamp rät äußerdem dazu zumindest partiell professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Damit der Traum von der eigenen Yacht Realität werden kann, müssen viele Hürden genommen werden“, gibt er zu bedenken. „Segler wollen sehr oft alle diese Hürden alleine schaffen. Wenn Bergsteiger auch so denken würden, gäbe es nicht so viele Amateure auf dem Mount Everest. Es macht Sinn sich vorab zu entscheiden, auf welche Aspekte des Kaufs man sich konzentrieren will, und den Rest zu delegieren. Wer sich Unterstützung von kompetenten Menschen holt, kommt letztlich schneller an sein Ziel.“
Geld, Alter, Größe
Welches Budget steht zur Verfügung? Das gilt es vorab zu klären. Gleich danach kommt: Will ich es in ein werftneues oder betagteres Schiff investieren? Eine Daumenregel besagt, dass man bei einem Gebrauchtboot nur die Hälfte der zur Verfügung stehenden Summe für den eigentlichen Kauf veranschlagen sollte, die andere Hälfte für gründliche Überholung und neue Ausstattung. Dass Yachten früher besser gebaut gewesen wären, hält Seenomade Wolfgang Slanec übrigens für eine Mär. Im Gegenteil: Moderne Yachten stecken nicht nur mindestens genau so viel ein, sie segeln auch deutlich besser als ihre Vorfahren. Bedenkenswerter Aspekt: Ein älteres Boot verlangt von seinem Eigner mehr Bereitschaft zum Basteln. Wer die nicht aufbringt oder mangels entsprechender Fertigkeiten nicht aufbringen kann, ist mit einem neuen Boot besser beraten. Je kleiner das Budget, desto wichtiger ist die Fokussierung auf das Wesentliche, meint Andreas Hanakamp: „Uns wird suggeriert, dass es sehr viel braucht um etwa über den Atlantik zu segeln. In Wirklichkeit brauchen wir nicht mehr als seinerzeit Kolumbus – sofern wir bereit sind, das persönliche Risiko zu erhöhen.“
Die Größe ist eines der wichtigsten Entscheidungskriterien. Fast alles an Bord kann man nachträglich ändern, die Länge des Rumpfes hingegen bleibt ein Fixum. Aber sie ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits trägt kaum etwas so sehr zum Komfort unterwegs bei wie die Schiffslänge und das damit zur Verfügung stehende Volumen. Mehr Fuß bedeuten mehr Platz, mehr Stauraum und die Möglichkeit bei Bedarf zusätzliche Crewmitglieder bzw. Gäste mitzunehmen. Außerdem segelt ein größeres Schiff normalerweise schneller und bewegt sich angenehmer in der Welle. Andererseits steigen mit der Länge die laufenden Kosten überproportional an und das Handling wird aufgrund der hohen Lasten und Dimensionen zunehmend schwierig. Hier gilt es den richtigen Kompromiss zu finden. Dabei zu berücksichtigende Kriterien sind Größe und Alter der Crew sowie deren Erfahrung. Manche Blauwasser-Experten geben kleinen Yachten dezidiert den Vorzug. Der Wiener Architekt Rudi Kiener etwa segelte gemeinsam mit seiner Partnerin auf einer Albin Ballad 30 einmal um die Welt und gönnte sich später noch eine ausgiebige Atlantikrunde. Klein ist für ihn fei