Plötzlich Prinzessin
Auf der 27 Meter langen Azimut Grande Dawo, die baugleich zur Privatyacht von Fußball-Star Christiano Ronaldo ist, kann man sich wie ein echter A-Promi fühlen. Verena Diethelm durfte es bei einem Kurztrip durch die Kornaten ausprobieren
Zumindest in einem Punkt unterscheide ich mich nicht von den Menschen, die sonst auf der Dawo einchecken: Aufgrund eines Missverständnisses tauche ich viel zu früh am Liegeplatz der Azimut Grande 27M in der D-Marina Mandalina bei Sibenik auf. "Macht nichts! Kein Problem! Willkommen an Bord der Dawo", empfängt mich Chief Stewardess Anita dennoch mit einem professionellen Lächeln. Die 32-jährige Sibenikerin, die seit der Erstwasserung der Dawo im Herbst 2020 für das Wohl der Gäste zuständig ist, ist es gewohnt, dass die Kundschaft einen situationselastischen Zugang zur Zeit hat. Und wer für den Aufenthalt auf der Superyacht mehr als 100.000 Euro pro Woche springen lassen kann, ist es gewohnt, dass Zeit keine Rolle spielt und einem die vierköpfige Crew jeden Wunsch von den Lippen abliest.
Durch eine glückliche Fügung ist die Dawo, die einem österreichischen Eignerpaar gehört und von Splendid Yachting verchartert wird, zwischen zwei Törns für eineinhalb Tage frei und so erhalte ich die einzigartige Gelegenheit, die 6-Millionen-Euro-Yacht ganz für mich alleine zu haben. Mehr Luxus geht kaum.
Kaum an Bord erhalte ich eine Einweisung. Hier die Aufbewahrungstruhe für Straßenschuhe, hier ein eigener Getränke-Kühlschrank, aus dem ich mich nachts selbst bedienen kann. Untertags werde das nicht nötig sein, meint Anita kryptisch. Die Innenräume sind wohltemperiert, ich schreite über dicke Teppiche und habe den Eindruck, mich in einem modern eingerichteten Wohnzimmer und nicht im Salon einer Yacht zu befinden. Eine kunstvolle Deckenbeleuchtung lenkt die Aufmerksamkeit auf den großen Esstisch, der allerdings kaum benutzt wird, wie Anita erzählt: “Während der Fahrt halten sich die Gäste meist in der Lounge am Bug oder oben auf der Flybridge auf, vor Anker sitzen sie am liebsten draußen im Cockpit. Im Salon wird nur bei Schlechtwetter gegessen.” Auch die Fernseher, die im Salon und in jeder Kajüte installiert sind, werden laut Anita nur ganz selten eingeschalten.
Über eine beleuchtete, geschwungene Treppe gelangt man ins Unterdeck, wo sich vier Gäste-Kajüten befinden. Ich darf mich wie der Eigner fühlen und die größte Kajüte beziehen, die sich auf einer Art Mitteldeck im Vorschiff befindet. Nachdem ich meine Tasche in der begehbaren Garderobe, die größer ist, als die meisten Nasszellen, die ich bislang gesehen habe, abgestellt habe, wird im Cockpit auch schon das Abendessen serviert. Ich lasse mir eine dalmatinische Platte mit Prsut, Pager Käse und Oliven munden, nippe genüsslich an einem französischen Rosé, der mir als Willkommenswein eingeschenkt wurde, und beobachte die auf der Pier flanierenden Hotel- und Marinagäste. Bald frage ich mich allerdings, wer da eigentlich wen beobachtet, und beginne den Sinn eines sogenannten privacy shade zu verstehen, der das Cockpit nicht nur vor der Sonne, sondern auch neugierigen Blicken abschirmt.
Müde von der langen Anreise und den neuen Eindrücken ziehe ich mich bald in mein Reich zurück. Dort kämpfe ich einige Minuten lang mit insgesamt acht Lichtschaltern. Es dauert, bis ich alle Kombinationen richtig angewählt habe und die verschiedenen Decken-Spots, die indirekte Beleuchtung unter dem Bett, die Stehlampe, die LED-Zierstreifen am Schott hinter dem Bett, die Nachtischlämpchen und die Stufenbeleuchtung erloschen sind.
Fingerspitzengefühl
Kapitän Mate ist zwar erst 30 Jahre alt, hat aber schon mehr als zwölf Jahre Erfahrung als Skipper auf dem Buckel. Mit gekonnter Lässigkeit manövriert er die Dawo aus ihrem Liegeplatz. Speziell bei Seitenwind ist das keine leichte Aufgabe, weil die Nachbarboote die 27-Meter-Yacht noch um etliche Meter überragen. Das Handling der Yacht sei für ihn keine große Herausforderung, so Mate, der Umgang mit den Kunden verlange hingegen viel Fingerspitzengefühl und soziale Intelligenz, wie er es nennt. Es sei wichtig, zu den Gästen rasch Vertrauen aufzubauen und den Urlaub genau so zu gestalten, wie sie es wünschen.