In kleinen Schritten zum großen Erfolg
Olympia 2016: Thomas Zajac und Tanja Frank holten mit Bronze die einzige Medaille bei diesen Spielen für Österreich und rückten den Segelsport einmal mehr in positives Rampenlicht
Der Nacra17 war neu bei Olympia. Speed und Action auf zwei Kufen, dazu ein Team, das zwingend aus einer Frau und einem Mann bestehen muss; das gab es noch nie bei den Segelbewerben. Auch Thomas Zajac und Tanja Frank waren neu bei Olympia. Er hatte sein Ziel als 30-jähriger nach langem Weg und gescheiterten Kampagnen im Tornado und 49er endlich erreicht, sie mit 23 im ersten Anlauf beinahe mühelos übersprungen. Bei ihrem Debut in Rio zählten die Österreicher bestenfalls zu den Außenseitern; als Medaillen-Kandidaten hatte sie niemand auf der Rechnung.
Und dann taten sie das, was sie konnten und sich vorgenommen hatten. Zogen konservativ und unaufgeregt eine Wettfahrt nach der anderen durch, ließen sich von den extrem schwierigen Verhältnissen nicht aus der Ruhe bringen, von zwischenzeitlichen Rückschlägen nicht frustrieren, von momentanen Emotionen nicht leiten. Segeln, als ob es nicht um Medaillen, sondern um eine Caipirinha ginge – diese innere Haltung, die ihnen von Sportpsychologen Björn Krenn geradezu eingetrichtert worden war, erwies sich als Schlüssel zum Erfolg. Jeden Schenkel, jedes Race, jeden Tag nahmen sie mit Vernunft und Gelassenheit in Angriff. Nichts wurde erzwungen, alles ermöglicht. Mit einer Strategie, die so einfach klingt, aber so viel innere Disziplin verlangt, lieferten Thomas Zajac und Tanja Frank eine konstante Serie ohne große Ausrutscher ab, während sich Favoriten wie Billy Besson oder Fernando Echávarri immer schwerere Steine in ihre Rucksäcke luden. Schließlich zogen die Österreicher als Dritte mit Chancen auf Gold in das alles entscheidende Medalrace ein. In einem megaspannenden, geradezu verrückt verlaufenden Rennen belegten sie nach einem Steuerbordstart Rang drei – und blieben damit auch im Endklassement auf dem dritten Platz. Nur ein Punkt trennte Zajac/Frank von den Siegern, Santiago Lange und Cecilia Carranza Saroli aus Argentinien, mit den Zweitplatzierten Australiern Jason Waterhouse/Lisa Darmanin herrschte Punktegleichheit. Doch Bronze glänzte wie Gold, versicherten beide glaubhaft, schließlich war diese Medaille die erste für eine heimische Seglerin überhaupt und blieb die einzige für Österreich bei den Spielen 2016. Auf die Athletinnen und Athleten des OeSV war Verlass, wieder einmal.
Aber warum war gerade auf dieses Team Verlass? Zajac/Frank hatten im Vorfeld immer wieder kalte Duschen hinnehmen müssen, waren bei Großveranstaltungen mehrfach knapp am Stockerl vorbeigeschrammt. „Da gab es viele Tränen“, weiß Norbert Petschel, zweifacher Olympiateilnehmer im Tornado, technischer Berater für die Nacra17-Klasse, Clubkollege von Frank und Mentor des Duos von der ersten Stunde an, „aber die beiden sind daran gewachsen und ich bin mir ganz sicher, dass sie die innere Stärke, die sie in Rio bewiesen haben, ohne diese Tiefschläge nicht entwickelt hätten.“
Entwickeln, das ist ein gutes, ein wichtiges Stichwort. Am Materialsektor fand man in zahllosen arbeitsintensiven Stunden eine stimmige Variante, auf die sich Zajac/Frank verlassen konnten. Auf ihrer eklatanten Vorwind-Stärke ruhten sie sich nicht aus, sondern verfeinerten sie immer weiter. Bündelten ihre Qualitäten, stellten sich systematisch breiter auf, lernten an- und voneinander. Dass Vorschoterin Frank selbst eine hervorragende Steuerfrau ist, zählt zu den großen Pluspunkten des Teams. Sie weiß, wie ihr Partner an der Pinne denkt und fühlt, kann antizipieren und unterstützen. Potenzial, das sich addiert. In Summe und unter dem Strich ergab das Edelmetall. Ohne große Töne im Vorfeld, aber vollends verdient.
470er-Damen Zu hoch gepokert
Während Thomas Zajac und Tanja Frank den Ball in der gesamten Vorbereitungszeit bewusst flach hielten und sich ungeachtet einiger Konflikte um eine tragfähige Basis mit dem Österreichischen Segel-Verband bemühten, ging Lara Vadlau einen konträren Weg. Eine Medaille in Rio war ihr unverblümt ausgesprochenes Ziel, bereitwillig ließ sie sich in der Öffentlichkeit als „Goldhoffnung“ etikettieren. Nach den Olympischen Spielen in Weymouth 2012, von denen sie als Letzte zurück gekommen war, hatte sie die gebürtige Polin Jolanta Ogar als neue Vorschoterin sowie deren Einbürgerung buchstäblich ertrotzt, diesen Schritt mit zwei Weltmeister- und zwei Europameistertiteln sowie drei weiteren Medaillen bei Großereignissen aber auch absolut gerechtfertigt. Das Verhältnis zum OeSV blieb dennoch gespannt, negativer Höhepunkt waren langwierige Streitereien um die Trainer-Besetzung Anfang 2016. Wolfgang Mayrhofer, der Spitzensport-Referent des OeSV, äußerte sich deshalb schon vor den Spielen besorgt.