Klar zur Wende
Nach 25 Jahren in einem Boot, tausenden gemeinsam bestrittenen Wettfahrten und zahlreichen Titeln und Medaillen haben Roman Hagara und Hans Peter Steinacher ihre gemeinsame Karriere als Regattasegler beendet. Zeit, die wichtigsten Stationen Revue passieren zu lassen und einen Blick in die Zukunft zu werfen
Der Anfang wurde am letzten Tag des Jahres 1996 gemacht. Roman Hagara, damals 30 Jahre alt, feierte bei seinem Kumpel Hans Peter Steinacher in Zell am See Silvester und fragte diesen so nebenbei, ob er nicht mit ihm eine Olympiakampagne starten wolle. Ein einigermaßen überraschendes Angebot: Steinacher, der jahrelang als Steuermann intensiv Tornado gesegelt war, hatte seine aktive Karriere bereits aufgegeben, den elterlichen Reifenhandelsbetrieb in Zell übernommen und eine Familie gegründet; sein Erstgeborener war gerade mal ein Jahr alt, das zweite Kind unterwegs. Dennoch sagte Steinacher zu. Dass er damit seinem Leben eine völlig neue Richtung gab, die seinen Weg bis heute bestimmen sollte, ahnte er vermutlich nicht.
Roman Hagara, für den der Zusammenschluss mit Steinacher Tornado-Team Nummer drei bedeutete, war zu diesem Zeitpunkt bereits in der Weltspitze etabliert. Er hatte als Vorschoter seines Bruders Andreas begonnen und mit diesem 1987 den WM-, 1990 den EM-Titel geholt. 1992 nahmen sie an den Spielen in Barcelona teil und kehrten als Siebente zurück; danach trennten sie sich. Roman Hagara wechselte ans Steuer, tat sich mit Wolfgang Moser zusammen und war in Folge der härteste Konkurrent für Andreas. Er unterlag aber in der Qualifikation für die Olympischen Spiele 1996 und musste seinem Bruder in Atlanta den Vortritt lassen.
Goldene Zeiten
Sein erklärtes Ziel war es nun, bei den Spielen 2000 um eine Medaille zu segeln. Mit Steinacher fand er einen Partner, der diese Vision teilte und alles dafür tat, um sie Realität werden zu lassen. Die neu formierte Kombi stieg auf wie ein Komet. 1997 gewannen Hagara/Steinacher Gold bei der EM (La Grande Motte, Frankreich), 1999 folgte Gold bei der WM (Vallensbaek, Dänemark).
Und dann kamen die Spiele in Sydney: Roman Hagara und Hans Peter Steinacher kürten sich zu Olympiasiegern und gewannen nach einer Durststrecke von 20 Jahren nicht nur endlich wieder eine Medaille bei einem olympischen Segelbewerb, sondern die erste goldene für den österreichischen Segelsport überhaupt. Bereits zwei Wettfahrten vor Ende der Serie standen sie als Gesamtsieger fest; was für eine Machtdemonstration.
Sie sollte aber längst nicht das Ende der Fahnenstange bedeuten. 2004 gelang den beiden, was noch keinem anderen Tornado-Team davor gelungen war. Hagara/Steinacher verteidigten in Athen ihren Titel, zogen in einen äußerst elitären Kreis ein – lediglich zwei andere Österreicher finden sich in den Annalen als Doppel-Olympiasieger in einer Sommersportart verzeichnet – und sind damit bis heute die erfolgreichsten Segler und Sommersportler des Landes.
Vier Jahre später traten Hagara/Steinacher bei den Chaos-Spielen in Qingdao ein letztes Mal bei einem olympischen Segelbewerb an. Sie mussten fünf zweistellige Platzierungen zum Auftakt hinnehmen, sich im Endklassement mit Rang neun begnügen und gaben danach ihren Abschied vom olympischen Segelsport bekannt.
Meilenstein America’s Cup
Dem Prinzip Doppelrumpf blieben sie aber treu und stiegen 2009 mit dem Red Bull Sailing Team in die Extreme Sailing Series ein; Hagara als Steuermann, Steinacher als Taktiker. Die Veranstaltungsreihe war 2007 ins Leben gerufen worden und sollte mit spektakulären Rennen in attraktiven Stadt-Locations und damit in Publikumsnähe für Aufmerksamkeit sorgen. Der Wechsel auf den 40-Fuß-Kat stellte die Österreicher vor neue Herausforderungen, wie sich Roman Hagara erinnert: „Wir haben uns ja buchstäblich blind verstanden und an Bord kaum miteinander geredet, weil wir genau wussten, wer was warum tut. In dieses perfekt eingespielte und funktionierende System mussten wir nun drei zusätzliche, noch dazu Englisch sprechende Crewmitglieder integrieren. Das war anfangs alles andere als leicht für uns.“
Es war nicht leicht, aber es gelang. Hagara/Steinacher konnten zwar die Jahreswertung der Extreme Sailing Series nie gewinnen, zählten aber zu den Top-Teams und waren regelmäßig für Siege und Podestplätze gut. Zudem erwies sich die Klasse als Sprungbrett in den America’s Cup, der 2013 unter Cup-Holder BMW Oracle erstmals auf Katamaranen ausgetragen wurde – eine Entscheidung, in die beiden Österreicher miteingebunden waren.