Krisenmanagement
Das OeSV-Nationalteam konnte trotz Pandemie in Portugal und Italien umfangreiche Trainingseinheiten absolvieren und fiebert nun den ersten großen Wettkämpfen des Jahres entgegen
Im März 2020 stand die Welt auch für die OeSV-Athletinnen und -Athleten Kopf. Heimquarantäne in Österreich statt Wassertraining am Meer, alle Regatten abgesagt, die Olympischen Spiele, auf die die gesamte Vorbereitung abgezielt hatte, verschoben. Ein Jahr danach bestimmt die Pandemie zwar immer noch unser aller Leben, doch die besten Seglerinnen und Segler des Landes haben zu einer neuen Normalität gefunden. Ein Großteil der Gruppe war seit letzten November mit wenigen Unterbrechungen in Portugal stationiert, genauer gesagt in Vilamoura, einem in den 1980er Jahren künstlich errichteten Ferienort an der Algarve. Mit Ferien hatte dieser Aufenthalt aber nichts zu tun, im Gegenteil, die 49er-, 49erFX- und 470er-Teams absolvierten in Vilamoura zwei Trainingscamps mit sehr hoher Intensität. Daran änderte auch die besorgniserregende Entwicklung der Infektionszahlen in Portugal nichts, wo die Sieben-Tage-Inzidenz zwischenzeitlich bei einem Wert von fast 900 lag. Doch Vilamoura ist eine typische Sommerdestination, in der es um diese Jahreszeit sehr ruhig ist, zudem lebten die Teams, die regelmäßig getestet wurden, jeweils in ihrer eigenen Blase. „Wir haben uns eigentlich nur zwischen unserem Appartement und dem Bootspark im Yachtclub hin und her bewegt“, schildert 49er-Steuermann Benjamin Bildstein, der mit David Hussl derzeit die Weltrangliste anführt, den Alltag in Vilamoura, „und beim Segeln selbst ist die Ansteckungsgefahr ja gleich null.“ Da die Gastronomie natürlich geschlossen hatte, musste immer selbst gekocht werden. In dem 49er-Appartement wohnten neben Bildstein und Hussl das Nachwuchsteam Keanu Prettner und Jakob Flachberger sowie die Trainer Ivan Bulaja und Marcos Lamas, ein Plan gab vor, wer wann welche Arbeiten zu erledigen hatte, und sorgte damit für Gerechtigkeit im Haushalt. Ganz nach Plan lief auch die Arbeit am Wasser. Das arrivierte Gespann bildete mit Teams aus Dänemark und Polen eine Trainingsgemeinschaft, die Jungen durften sich dem Programm meistens anschließen. „Es waren zahlreiche weitere internationale Mannschaften vor Ort, so dass wir uns immer wieder in einer Flotte von rund 20 Booten vergleichen konnten“, erzählt Vorschoter David Hussl.
Die 49erFX-Kolleginnen Tanja Frank und Lorena Abicht taten sich in Vilamoura mit einem belgischen Duo zusammen. „Diese Kooperation war Goldes wert“, resümiert Frank, „wir haben mit offenen Karten gespielt und viel voneinander gelernt, auch unsere Trainer haben sich sehr effizient über alle Aspekte ausgetauscht. Wir konnten ausgiebige Speed-Tests machen und wissen jetzt, welches Boot und welchen Mast wir bei den Spielen verwenden wollen.“ Während für die Österreicherinnen der Antritt in Tokio längst fix ist, müssen ihre Trainingspartnerinnen Isaura Maenhaut und Anouk Geurts noch um das letzte verfügbare Ticket kämpfen. Vergeben wird es Ende März bei einer Regatta in Lanzarote, derzeit gehen die österreichischen Skiff-Seglerinnen und -Segler davon aus, dass sie daran ebenfalls teilnehmen werden. Da die traditionelle Saisoneröffnung in Palma abgesagt bzw. in den Oktober verlegt wurde, würde das Event in der Marina Rubicón, das für 49er, 49erFX und Nacra17 ausgeschrieben ist, für diese Klassen den ersten großen Schlagabtausch im heurigen Jahr darstellen.
Der Kampf um das Olympiaticket ist auch für die beiden heimischen 470er-Teams David Bargehr/Lukas Mähr und Nikolaus Kampelmühler/Thomas Czajka, die ebenfalls wochenlang in Portugal trainiert haben, bestimmendes Thema. Ein einziger Platz steht den europäischen 470er-Seglern noch zur Verfügung, wer ihn in Anspruch nehmen darf, entscheidet sich bei der Weltmeisterschaft, die ab 5. März in Vilamoura ausgetragen wird.
Zweiter Schauplatz Sardinien
Rund 2.000 Kilometer östlich von Vilamoura hatte das österreichische Nacra17-Team seine Zelte aufgeschlagen. Thomas Zajac und Barbara Matz wählten Cagliari, Sardinien, als Standort für einen zweimonatigen Aufenthalt, als Sparringpartner konnten Kolleginnen und Kollegen aus England sowie Italien gewonnen werden, die in der Weltrangliste ganz oben rangieren, sodass auf höchstem Niveau trainiert werden konnte. Die beiden heimischen Nachwuchs-Mannschaften Laura Farese/Matthäus Zöchling und Lukas Haberl/Lisa Farthofer waren ebenfalls vor Ort, zogen aber mit separatem Trainer ihr eigenes Programm durch. „Das war der längste Trainingsblock im Laufe unserer Olympiakampagne überhaupt“, zieht Zajac über seine Zeit in Italien Bilanz, „aber wir haben uns aufgrund der Reisebeschränkungen bewusst für diese Dauer entschieden.“