Wechsel der Jahreszeiten
März 2021: Die persönliche Monatsbilanz von Verena Diethelm
Frühlingsgefühle. Woran man erkennt, dass die Saison beginnt? An meiner Wohnung. Rund 200 Meter klitschnasse Leinen hängen zum Trocknen über diverses Mobiliar und verbreiten den Geruch von naturtrübem Apfelessig. Die säuerliche Duftnote lässt Erinnerungen an stürmische Überfahrten bei rauer See wach werden. War vielleicht doch keine so gute Idee, sich an die Ratschläge der Experten zu halten (siehe auch Seite 114) ... Die Posten auf der Reparatur-To-do-Liste werden immer weniger, Segel und Pölster haben ihr Winterquartier auf dem Dachboden verlassen, die Batterien sind geladen. Der Krantermin steht mit drei Rufzeichen im Kalender und rückt immer näher. Von mir aus kann’s losgehen und ich hoffe nur, dass mir kein Lockdown der Welt einen Strich durch die Rechnung macht bzw. den Seglern und Bootfahrern die gleichen Freiheiten gewährt werden wie den Wintersportlern. Solange ich segeln kann, ist alles gut.
Wintersport. Der Winterhafen in Linz heißt so, weil man um die Jahrhundertwende eine eisfreie Überwinterungsmöglichkeit für Schiffe schaffen wollte. Klare Themenverfehlung bei der Namensgebung: Als ich zum ersten Bootstest des Jahres anrücke, ist das Hafenbecken von einer nahezu durchgehenden Eisschicht bedeckt. Zum Glück ist das Testboot aus Alu und so bahnen wir uns unter lautem Knirschen in Schlangenlinien den Weg durch das Eis; gelegentliche Hiebe mit dem Paddel helfen beim Weiterkommen. Endlich auf der Donau angelangt, heißt es Hebel on the table. Die Sonne scheint, der Himmel ist blitzblau, das Wasser glitzert wie Goldstaub. Die Minustemperaturen sind vergessen, Geschwindigkeit und Fliehkraft zaubern ein Lächeln auf mein Gesicht. Solange ich Bootfahren kann, ist alles gut.