Warum?
The Race 1000 Miles: 38 Teams machten sich Ende Oktober auf den Weg von Biograd nach Lefkas und wieder retour
Es ist mitten in der Nacht und trotzdem taghell. Der Vollmond wird von der öligen Meeresoberfläche wie von einem Spiegel reflektiert. Die drückende Stille wird nur vom Schlagen der Segel durchbrochen, die aus Süden heranrollende Dünung beutelt unser Schiff. So wie meine Nerven. Vor gut zehn Stunden sind wir frohen Mutes bei leichtem Nordwind von Lefkas nach Westen aufgebrochen, mit der Hoffnung dort nach einem kurzen Flautenloch auf Nordwestwind zu treffen.
Doch diese Hoffnung schwindet mit jeder Stunde. Während sich die restliche Flotte von der Thermik des griechischen Festlands angetrieben Meile für Meile nach Norden vorarbeitet, liegt unser Bootsspeed bei kaum wahrnehmbaren 0,3 Knoten und unser Verklicker vollführt wilde Pirouetten. Bis zum nächsten Morgen sind wir auf den letzten Platz zurückgefallen, zudem ist die Toilette ist überschwemmt. Skipper Robert Blecha nimmt beides erstaunlich abgeklärt. Ich hingegen beginne nachzurechnen: 400 Meilen liegen auf dem Weg nach Biograd noch vor uns – was bedeutet nicht mal ein Knoten Fahrt für unsere ETA? Plötzlich wird mir flau im Magen. Warum habe ich mich auf diesen Wahnsinn eingelassen?
Nächtliches Inferno
Unvorstellbar, dass nur wenige Tage zuvor eine mächtige Gewitterfront das Regattafeld kurz vor dem Etappenziel in Lefkas kräftig durcheinander wirbelte. Über 40 Knoten Wind, manche Crews berichteten in den Spitzen sogar von 55 Knoten, und eine drei bis vier Meter hohe Welle brachten Mensch und Material an ihre Grenzen. Der kroatische Skipper Zarko „Paganini“ Juraga, der seit 1990 an jedem der insgesamt zwölf Ecker Cups teilgenommen hatte und sich die Premiere von The Race 1000 Miles nicht entgehen ließ, spricht sogar von der schlimmsten Nacht, die er je bei einer Langstrecken-Regatta erlebt hat. „Schwere Stürme gab es immer wieder mal, aber keiner hat jemals so lange gedauert“, erinnert sich Juraga, der erstmals mit seinem eigenen Schiff an den Start ging.
Die Folgen des Sturms: Gebrochene Schäkel, zerrissene Segel, geknickte Bäume –zum Glück gab es keine Verletzten. Eine Yacht, die Belladonna, wurde sogar von einem Blitz außer Gefecht gesetzt (siehe Kasten).
Denn sie wissen nicht, was sie tun
Warum will jemand Ende Oktober, wo sich die Adria von ihrer gefährlichsten Seite zeigen kann, mit einer Charteryacht knapp tausend Seemeilen von Biograd nach Lefkas und wieder retour segeln? Diese Frage stellten sich insgeheim nicht nur einige Teilnehmer, sondern auch ganz offiziell die kroatischen Behörden, als Klaus Pitter mit seinem Team das erste Mal vorstellig wurde, um die nötigen Genehmigungen für The Race zu beantragen.
Die Antwort: Mit The Race soll jene Lücke geschlossen werden, die die Pleite des Veranstalters des legendären Ecker Cups im Jahr 2013 hinterließ, wobei sich die Veranstaltung an Regatta- wie Fahrtensegler gleichermaßen richtet. Beisegel sind erlaubt, das Fahren unter Motor hingegen verboten. „Der Ecker Cup war eher eine Art Abenteuerurlaub, wir sehen das sportlicher“, bringt Pitter den Unterschied auf den Punkt.