Große Pause
Die Folgen der COVID-19-Pandemie betreffen alle Bereiche des Segelsports. Regatten mussten abgesagt oder verschoben werden, die heimischen Häfen und Segelclubs haben ihre Anlagen geschlossen
Ob Ansegeln auf der Alten Donau oder America’s Cup World Series in Sardinien – auch die Welt des Segelsports steht aufgrund der Corona-Krise bis auf weiteres still. Für den Großteil der beliebten Adria-Regatten, die jetzt im Frühjahr hätten stattfinden sollen, hat man einen Ersatztermin im Herbst genannt (siehe Kasten), der Österreichische Segel-Verband listet auf seiner Webseite unter www.segelverband.at/absagen auf, welche Veranstaltungen abgesagt oder verschoben sind. Eine tolle Serviceleistung, die laufend aktualisiert wird.
Buchstäblich mittendrin erwischt hat es eine Österreicherin, die am Clipper Round the World Race teilnimmt. Diese Regatta, die alle zwei Jahre stattfindet, führt Amateure unter der Führung eines professionellen Skippers auf baugleichen 68-Fuß-Yachten in Etappen um die Welt. Der Start zur aktuellen zwölften Auflage erfolgte am 1. September 2019 in London, mit dabei war Bettina Neid, eine gebürtige Weinviertlerin, die sich nicht nur – wie die meisten anderen Crewmitglieder – für bestimmte Teilstrecken eingebucht hatte, sondern die gesamte Runde um den Globus als Teil des Teams „Dare to Lead“ absolvieren wollte. Doch die Corona-Krise wirbelte das Programm gehörig durcheinander. Zunächst wurde das ursprünglich geplante Etappenziel in China aufgegeben und statt dessen die philippinischen Insel Luzon angelaufen; von dort wollte man die 6.000 Meilen lange Königsetappe über den Pazifik mit dem Zielhafen Seattle in Angriff nehmen. Als sich abzeichnete, dass die drastisch verschärften Corona-Bedingungen eine Durchführung der Ozeanpassage nicht erlauben würden, gaben die Organisatoren am 17. März den vorläufigen Abbruch des Rennens bekannt. „Die Heimreise erfolgte Hals über Kopf“, schildert Bettina Neid das abrupte Ende ihres Abenteuers, „denn die philippinische Regierung hat uns Ausländern ein Ultimatum von 72 Stunden gestellt, um das Land zu verlassen. Andernfalls hätten wir bis mindestens Mitte April auf der Insel bleiben müssen. Das war einigermaßen stressig.“ Die 45-Jährige ergatterte im letzten Moment und in Eigenregie einen Flug von Manila über Istanbul nach Wien und landete am 19. März wohlbehalten in der Heimat. „Ich habe mein Leben darauf ausgerichtet, ein Jahr mit dem Clipper Race unterwegs zu sein und muss mich jetzt neu orientieren“, erzählt Neid, die jahrzehntelang bei einer Privatbank gearbeitet hat und sich von der Teilnahme an dieser Regatta neue Perspektiven und Herausforderungen versprochen hatte. Die aus elf Yachten bestehende Flotte liegt nach wie vor auf Luzon, die drei ausstehenden Etappen sollen, so der derzeitige Plan, um rund zehn Monate verschoben werden. Man sei sehr traurig über diese Entwicklung, so die Rennleitung, aber der Schutz der Menschen vor Erkrankung habe oberste Priorität.
Stillstand in den Clubs
Genau diese Leitlinie gilt auch für den Breitensport. Vizekanzler Werner Kogler stellte unmissverständlich klar, dass sich Sportvereine, die den von der Regierung beschlossenen Maßnahmenkatalog nicht befolgen, „jahrelang von Förderungen verabschieden“ könnten, so wörtlich seine Formulierung. Die dem Maßnahmenkatalog zugrunde liegende Verordnung (BGBl. II Nr. 108/2020), die vorerst bis 13. April gültig ist, besagt ja in § 5, dass das Betreten von Sportplätzen verboten ist und man kann davon ausgehen, dass die Anlage eines Segelclubs als Sportplatz klassifiziert wird. „Wir haben deshalb seit 16. März komplett geschlossen“, berichtet Michael Farthofer, Präsident des UYC Attersee, dem mit 970 Mitgliedern größten Yachtclub Österreichs. Auch das Solo-Segeln mit einer Jolle sei vom Clubgelände aus nicht zulässig. „Da geht es um die grundsätzliche Haltung, so zeigen wir auch Flagge“, will Farthofer keine Ausnahmen machen. Negative Rückmeldungen habe es von Seiten der Mitglieder bislang nicht gegeben, man habe offensichtlich Verständnis für diese Regelung. Da der UYCAS über ein modernes Schlüsselsystem mit personalisierten Chipkarten verfügt, lässt sich auch nachvollziehen, wer den Club zu welchem Zeitpunkt betreten hat. „Das käme der Zuwiderhandlung einer Anweisung vom Vorstand gleich und könnte theoretisch den Ausschluss vom Verein zur Folge haben“, gibt Farthofer zu bedenken.
OeSV-Präsident Herbert Houf geht jedenfalls davon aus, dass die Verbandsvereine ihre Anlagen bis auf weiteres geschlossen halten. „Für mich ist es in dieser Situation eine Selbstverständlichkeit, das Eigeninteresse – sei es als Einzelperson oder als Verband – hinter das Gemeinwohl zu stellen. Ungeachtet rechtlicher oder finanzieller Rahmenbedingungen muss jetzt die Gesundheit und Sicherheit aller im Vordergrund stehen.“