Völlig losgelöst
Mit foilenden Booten, die sich für Anfänger eignen, erreicht der Trend nun auch die Breite. Verena Diethelm hat einen Foil-Kurs begleitet und recherchiert, welche Modelle Einsteiger abheben lassen
Es liegt ein Knistern und Flirren in der Luft, wie vor einem Gewitter. Die Energie entlädt sich aber nicht durch Blitz und Donner, sondern mit einem immer lauter werdenden Surren, das in einen hohen Pfeifton übergeht. Wie von Geisterhand hebt sich die Jolle aus dem Wasser und saust davon wie ein Greyhound, den man von der Leine lässt. Das Begleit-Rib hat Mühe, der über das Wasser fetzenden Skeeta zu folgen. Michael Steinkogler hat seinerseits Mühe, die Schot schnell genug dicht zu holen. Sein Gefährt kippt immer mehr nach Luv, bis es schließlich mit einer gewaltigen Fontäne im Traunsee detoniert. Breit grinsend und gar nicht frustriert schwimmt der Pilot zur gekenterten Skeeta und richtet sie problemlos auf. Weiter geht’s!
Was schenkt man einem fanatischen Segler, der schon so ziemlich alles hat und so ziemlich alles gemacht hat, was die weite Welt des Segelsports so zu bieten hat, zum Geburtstag? Genau! Einen Foil-Kurs. Der America’s Cup 2013, bei dem das Segeln auf Tragflächen erstmals einem Massenpublikum nahe gebracht wurde, trat im Wassersport einen Mega-Trend los. Inzwischen schweben nicht nur Segler, sondern auch Motorbootfahrer, Windsurfer, Kiter und Winger (siehe YR 7/21) über das Wasser. Von der Idee, das Foilen auszuprobieren, war daher nicht nur das Geburtstagskind angetan, sondern auch dessen gesamter Freundeskreis, bestehend aus Seglern mit unterschiedlichstem Alter, Erfahrungsschatz und Background – vom Jollen-Solisten mit Opti-Grundausbildung bis zum reinen Yachtie.
Wer derzeit in Österreich das Foilen erlernen will, kommt an Stefan Hess nicht vorbei. Der langjährige OeSV- und Jugendtrainer bietet seit zwei Jahren Foil-Kurse in Kooperation mit dem Sportcamp Raudaschl an und besitzt eine ganze Flotte an foilenden Booten, nämlich zwei Skeetas, eine Nikki und eine Onefly. Drei Modelle verfrachtete Hess kurzerhand in seinen Anhänger und kam damit für ein Wochenende an den Traunsee. In Ebensee erwartete die Gruppe Wind zwischen 10 und 15 Knoten – perfekte Bedingungen für die ersten Flugversuche.
“Man braucht zumindest eine abgeschlossene Grundausbildung und muss alle Kurse segeln können. Mit Jollenerfahrung, vor allem auf einem Laser, tut man sich auf jeden Fall leichter”, bringt Hess das Anforderungsprofil für angehende Foiler auf den Punkt. Die ersten Foiling-Versuche unternehmen die meisten Anfänger bereits gegen Ende des ersten Trainingstages, auch das stabile Geradeausfahren bekommen die meisten bald hin. "Ich war überrascht, dass es doch relativ einfach ist, ins Fliegen zu kommen. Es hilft natürlich, wenn man bereits viele Stunden auf einem Schiff verbracht hat. Für den Segelanfänger ist das definitiv nix”, lautet Steinkoglers Einschätzung.
Der typische Yachtsegler tut sich, so die Erfahrung von Hess, schwerer, weil er zunächst das Handling des Auslegers und die Schotarbeit erlernen und dabei gleichzeitig geradeaus fahren muss. Dazu kommt, dass die Beinarbeit, speziell die Knie- und Hockstellung für diese Segler Neuland ist. “Der durchschnittliche Freizeitsegler braucht zwei, drei Einheiten mit einem Trainer, bis es Spaß macht und er lernt, eine Länge zu fliegen”, erklärt Hess, der seine Schüler vom Begleit-Schlauchboot per Funk anweist sowie Video- und Foto-Analyse anbietet.
Auch Mike Burgstaller, der vom Kielboot-Segeln kommt und trotzdem bereits an seinem ersten Trainingstag abhob, musste sich erst daran gewöhnen, gleichzeitig Pinnenausleger und dann noch die Schot in beiden Händen zu halten. “Die spezielle Handhaltung und dass man keine Klemmen hat, war am Anfang ungewohnt, aber durchaus erlernbar”, so sein Fazit.
Jeder fängt klein an
Die erste Lektion für jeden Foil-Schüler betrifft das aufrechte Segeln, betont Trainer Stefan Hess. In der Anfangseinheit übt der Einsteiger daher, das Boot in einer stabilen, heißt waagrechten Lage zu segeln und ein Gefühl für das Boot zu entwickeln. Dabei erfolgt die Hauptarbeit mit der Schot, nicht mit der Pinne, die möglichst ruhig gehalten werden sollte. Neigt sich das Boot nach Luv, muss man die Schot dicht nehmen, bei Krängung nach Lee das Segel fieren. So weit so gut. Bis man überreißt, wie dicht bzw. offen man das Segel fahren muss, eiert man allerdings zunächst recht unelegant übers Wasser.
Hat man das aufrechte Segeln drauf, kann man sich daran machen, immer in leichter Luvlage zu segeln – für Menschen ohne Erfahrung in Optimist oder Laser sehr gewöhnungsbedürftig.
In den Anfangsphasen macht es sich bezahlt, dass man den Anstellwinkel der T-Foils der Skeeta stufenlos über den sogenannten „wand“ (deutsch: Zauberstab) regulieren kann.