Abschied. Die private September-Bilanz von Judith Duller-Mayrhofer
Abschied I. Die Verlagsleitung sperrt unser gemütliches Domizil in der Ferdinandstraße zu und holt uns heim in den Media-Tower, eine vollautomatisch klimatisierte Legebatterie mit 18 Stockwerken. Auf Nummer sechs weist man mir nach zwanzig Jahren treuen Diensten für die Yachtrevue einen winzigen, verglasten, aber leider nicht schalldichten Kobel zu, in den gerade ein Schreibtisch passt. Erinnert frappant an ein Aquarium. Nur dass der Goldfisch hier Platzangst bekäme. Danke, sehr lieb. Typisches Frauenschicksal. Frauenschicksal? Als Mann würde ich trotz mehrfacher Vermehrung selbstverständlich Vollzeit arbeiten und säße nun wie die Kollegen in einem Abteil, das zumindest nicht unter den Achseln zwickt. Hätte dem Kampffeminismus der Achtziger nicht abschwören sollen. Wo bleibt die Pointe? Heute keine Pointe. Nur ein bitterer Geschmack, der sich durch nichts vertreiben lässt.
Abschied II. Redaktionsassistentin Julia, Swarowski-Steinchen unter uns Flusskieseln, sitzt mitten im Umzugschaos und sprüht im Gegensatz zu mir vor guter Laune. Sie verlässt uns, um ihrer wahren Berufung zu folgen und die Welt der Mode zu erobern. Wer wird mir nun erklären, was Jeggings sind, warum Gummistiefel von Hunter zur Grundausstattung einer Frau von Welt zählen und wie man Körperketten trägt? Julia, nicht gerade jetzt! Wo ich doch in der Auslage sitze!