Auf und Ab. Die private Dezember-Bilanz von Judith Duller-Mayrhofer
Ankunft. Marina Alanya, Türkei, 25 °. Zielhafen Ecker Cup, Recherche vor Ort. Streune von Yacht zu Yacht, interviewe schnuckelige Kunststudenten und schmerbäuchige Senioren, lasse mir von Frust und Freude, von Angst und Euphorie erzählen. Die bunte, spannende Welt des Langstreckensegelns wird bereitwillig vor mir ausgebreitet; ich liebe meinen Job. Nur der ultimative Knaller fehlt noch, der Aufreger, der einem die Haare zu Berge stehen lässt. Sowas sackt man erfahrungsgemäß off records ein, also peife ich auf Dienstschluss, mische mich an der Marinabar unter die Teilnehmer und hebe ausdauernd mein Glas. Bingo. Der freundliche Kerl, neben dem ich um 1 Uhr 30 zufällig zu stehen komme, hat Unglaubliches zu berichten - Drama, Baby! Prost und Danke. Manchmal muss man eben Leib und Leber für eine Story riskieren.
Abschied. Der Mann, der seit über zwanzig Jahren glaubt, dass er mir sagen kann, wo es lang geht, verschwindet aus meinem Leben. Nein, nein, lasse mich nicht scheiden, mein Chef vertschüsst sich mit Jahresende in die Pension. Mein Chef, der Schwierige. Haben so manchen Strauß miteinander ausgefochten, die Stärken des anderen geschätzt und die Schwächen zu akzeptieren versucht, uns hundertmal angeschrien und hunderteinmal wieder versöhnt. Zumindest wurscht waren wir uns nie. Komisch: Ich glaube, er wird mir fehlen.