Auf der Schulbank
Will man lernen, wie sich ein Boot schneller und sicherer bewegen lässt, helfen Außensicht und Input eines Fachmanns enorm
Zügig durchschreiten wir die Räume. Am Morgen sind wir noch im Leichtwind-Raum herumgedümpelt. "Am schwierigsten sind Windverhältnisse von null bis fünf Knoten. Da muss man die Segel viel extremer einstellen, damit man überhaupt ins Fahren kommt", erinnern wir uns an die Ausführungen von Hans Spitzauer, der bei seinem einführenden Vortrag über den richtigen Segeltrimm die unterschiedlichen Windverhältnisse mit den Zimmern eines Hauses verglich.
Wir fahren also die Segel auf unserem Trainingsboot Lago 26 extrem offen und mit viel Twist. Dann legt der Wind langsam, aber stetig zu. Fast hätten wir übersehen, dass wir uns längst im nächsten Raum befinden. "Großschot zwei Zentimeter dichter nehmen!", ruft uns prompt Alfred Pelinka vom Begleitboot zu. Der Trimmer zieht beherzt an der Großschot – schon klappt der oberste Trimmfaden nach Lee und lässt sich von dort nicht mehr hervorlocken. "Das war ein bisserl zu viel. Einen Zentimeter fieren", lautet nun die Anweisung und tatsächlich lässt sich der Faden wieder blicken.
Was in der Theorie so trivial geklungen hat, ist auf dem Wasser gar nicht so einfach umzusetzen. Genau da bringen sich Hans Spitzauer, fünffacher Olympiateilnehmer, Welt- und Europameister, sowie Alfred Pelinka, langjähriger National- und Olympiamannschaftstrainer und Coach im Profizirkus von TP52, RC44 und Melges32, ein. Spitzauer kommt immer wieder an Bord, zupft mal hier, mal da, bis das Profil optimal eingestellt ist und das Boot spürbar an Fahrt gewinnt. Pelinka beobachtet die Situation vom Trainerboot aus, gibt unmittelbar Feedback und dokumentiert für später.
Denn nach der Wassereinheit folgt eine Analyse mit aktuellen Fotos. Beim diesem Debriefing werden diverse Bilder an die Wand projiziert und besprochen. Ein Boot fährt die Segel viel zu offen, beim nächsten hat nur das Groß den richtigen Twist, die Fock ist hingegen zu flach getrimmt. Nur bei einem einzigen sind beide Segel optimal eingestellt. Der Blick von außen sorgt für so manchen Aha-Effekt. "Da segeln wir mit zu wenig Lage. Das war mir im Boot gar nicht bewusst", ist etwa Teilnehmer Gerd überrascht.
Entwicklungspotenzial
Aus Seglern Regattasegler und aus Regattaseglern Sieger zu machen, das ist das Ziel der North University, die von der Segelmacherei North Sails 1980 in den USA gegründet wurde. In Österreich haben Spitzauer und Pelinka das bewährte Konzept übernommen und auf hiesige Verhältnisse adaptiert. Das dreitägige Trainingsprogramm passt für Regattasegler gleichermaßen wie für ambitionierte Fahrtensegler oder Quereinsteiger, die nicht die klassische Segelkarriere hingelegt haben. Geübt wird in kleinen Gruppen und auf modernen Lago 26, die über alle notwendigen Trimmeinrichtungen verfügen und auf Veränderungen beim Trimm rasch reagieren.
Neben Trimmvortrag und Wasserarbeit bleibt genug Zeit, um auf die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmer einzugehen. So wird eine kurze Windpause genutzt, um nicht nur die Grundlagen des Rigg-Trimms zu besprechen, sondern auch gleich mit Kofferwaage und Wantenspannungsmesser zur Tat zu schreiten.
Am nächsten Tag befinden wir uns im dritten Raum. Der Wind hat ordentlich zugelegt und wir sind damit beschäftigt, das Profil unserer Segel möglichst flach zu trimmen.