Hafen der Ehe
Die Hochzeit am Wasser liegt nicht nur bei Paaren mit nautischem Bezug im Trend. Judith Duller-Mayrhofer hat recherchiert, auf welchen Schiffen und Yachten man sich das Ja-Wort geben kann
Rund 46.000 Ehen werden pro Jahr in Österreich geschlossen, die dazugehörigen Festivitäten finden häufig im großen Kreis und mit aufwendiger Inszenierung statt. Quasi als Gegenbewegung erfreut sich aber auch die so genannten Micro Wedding immer größerer Beliebtheit, also eine kleine, intime Feier, die Qualität über Quantität stellt; gepaart ist dieser Trend mit einer wachsenden Sehnsucht nach Individualität. Die Hochzeit soll die Persönlichkeit von Bräutigam und Braut unterstreichen, deren Hobbies und Leidenschaften widerspiegeln, eine Brücke von der Vergangenheit in die Zukunft schlagen.
Hat das Paar einen nautischen Bezug, liegt es nahe, die Trauungszeremonie auf das Wasser zu verlegen – aber wo kann man das tun? Am Neusiedler See hat sich Sandra Laub genau darauf spezialisiert: Sie kaufte vor zehn Jahren die damals marode MS Josef Haydn, sanierte sie von Grund auf und verwandelte sie in das Hochzeitsschiff, eine stylische Eventlocation, die über einen eigenen Trauungsbereich im Bug verfügt. Seither findet hier von Juni bis September mindestens eine Hochzeit pro Woche statt – Tendenz steigend. „Vor allem Paare, die nur standesamtlich heiraten, wollen das nicht in der Gemeindestube oder am Magistrat tun, sondern suchen nach einer romantischeren Alternative“, weiß sie, „und einen schöneren Platz als am Wasser wird man kaum finden.“ Grundsätzlich ist in Österreich nur eine auf einem Standesamt geschlossene Ehe legal, der jeweilige Standesbeamte kann aber eine Ausnahme machen und die Trauung auch an einem anderen Ort durchführen, sofern dieser „der Bedeutung der Ehe entspricht und dem Anlass angemessen“ ist. Einen Rechtsanspruch darauf gibt es nicht, die meisten Ufergemeinden am See sind aber laut Sandra Laub sehr kooperativ. „Es gibt fast überall Mitarbeiter, die bootsaffin sind und sehr gerne zu uns kommen“, betont sie. Der formale Akt der Trauung muss übrigens im Hoheitsgebiet des jeweiligen Standesamtes, also in der jeweiligen Bucht vollzogen werden. Die Hochzeitstour auf der MS Haydn dauert rund drei Stunden, Platz gibt es für maximal 70 Gäste. Eine Hochzeitstafel kann man an Bord nicht ausrichten, Fingerfood oder ein Flying Buffet lassen sich aber problemlos servieren. Wer möchte, kann bei Sandra Laub nicht nur das Schiff als Location buchen, sondern ihr die gesamte Hochzeitsplanung überlassen. „Das ist eine Frage des Preises“, bringt sie es auf den Punkt. Apropos Preis: Inklusive Kapitän und Matrosen, aber ohne Speisen und Getränke kostet die Fahrt ins Glück € 980,–.
Das ebenfalls am Neusiedler See beheimatete Unternehmen Holidaylines verfügt über eine Flotte von drei Katamaranen, die jeweils maximal 50 Personen Platz bieten. Damit sind sie nur für kleinere Hochzeiten geeignet, es lässt sich aber ein gesetztes Essen an Bord abwickeln. Als Extra kann man ein edles Boesch-Boot chartern. Derzeit wird ein 20 Meter langes neues Schiff gebaut, das rund 120 Personen fassen und noch in diesem Sommer in Betrieb gehen soll.
Auch in vielen anderen Regionen des Landes stehen Schiffe zur Verfügung, auf denen sich nicht nur die Eheschließung, sondern auch die Hochzeitstafel realisieren lässt. Am Traunsee bietet die unter Denkmalschutz stehende, 1871 erbaute Gisela ein ganz spezielles Ambiente, ist sie doch der älteste Schaufelraddampfer der Welt, am Bodensee wartet mit dem historischen Dampfschiff Hohentwiel ein ähnliches Schmuckstück. Eine Übersicht über alle Schiffe, die auf österreichischen Gewässern als Hochzeitslocation gebucht werden können, findet sich auf https://hochzeits-location.info.
Die Stadt Wien hat per Verordnung zahlreiche Hochzeitsorte außerhalb der Standesämter offiziell genehmigt, darunter auch die Donauflotte der DDSG Blue Danube. Rund 25 Hochzeiten werden hier in normalen Jahren gefeiert, die Abfahrt ist von Wien oder der Wachau möglich, das Ja-Wort gibt sich das Brautpaar vor Anker, danach wird Fahrt aufgenommen. Dauer und Route der Tour sind Vereinbarungssache, gleiches gilt für das Menü. Gekocht wird frisch an Bord, ein externes Catering ist nicht möglich. Die maximale Gästeanzahl variiert je nach Schiff, die mit 340 Personen größte Gruppe fasst die MS Admiral Tegetthoff, am beliebtesten ist die für 60 Gäste geeignete MS Blue Danube. „Oft hält sich die gesamte Hochzeitsgesellschaft an das maritime Motto, die Gäste sind Blau-Weiß gekleidet, die Männer tragen Kapitänsmützen“, weiß Nicole Auswerth, die als Verkaufsleiterin für Charter und Events erste Ansprechpartnerin für Hochzeitsfragen ist, „und natürlich können wir Schiff und Tafel auch zum Thema passend dekorieren.“Wer zum Team Micro Wedding gehört, kann die Trauung auch im Rahmen der (normalerweise) täglich stattfindenden Ausflugs- oder Linienschifffahrten zelebrieren, dann steht dem Paar und seinen Gästen an Bord ein festlich dekorierter, abgeschlossener Bereich zur Verfügung.
Des Meeres und der Liebe Wellen
Will ein Paar bei der Hochzeit salzige Luft schnuppern, muss es sich naturgemäß außer Landes begeben. Einen Blick in weiße Rah-Segel sowie ein besonders nobles Ambiente offerieren die authentische Windjammer-Legende Sea Cloud (maximal 64 Passagiere), das 2001 gebaute Schwesterschiff Sea Cloud II (maximal 94 Passagiere) und die brandneue Sea Cloud Spirit, die heuer im Sommer in Dienst gestellt wird (maximal 136 Passagiere). Alle drei Großsegler können exklusiv gechartert werden (Preis auf Anfrage), man kann sich aber auch im Rahmen einer normalen Segelreise das Ja-Wort geben. Das Hochzeitspaket (Preis: € 2.995,–, zusätzlich zum Reisepreis laut Katalog) beinhaltet unter anderem die Organisation der rechtsgültigen Trauung an Bord, das Abarbeiten aller behördlichen Vorgaben inklusive der anfallenden Gebühren sowie diverse kulinarische Extras, etwa einen Empfang mit Champagner und Canapés.