Schmutzige Zeiten
Die Meere werden mehr und mehr zugemüllt, einfließende Abwässer stören ihr biologisches Gleichgewicht. Was können Wassersportler tun?
Seglerinnen und Segler sind stolz darauf einen in jeder Hinsicht sauberen Sport auszuüben. Zu Recht. Es gibt so gut wie keine Dopingfälle und für den Vortrieb nutzen sie die Kraft des Windes. Sie bewegen sich in und mit der Natur, lernen diese zu verstehen und mitsamt ihren Herausforderungen zu lieben.
Umso schmerzhafter ist die Erkenntnis, dass die Meere, die dafür als schier unendliches Spielfeld dienen, alles andere als sauber sind. Alarmsignale kommen aus allen Bereichen. Die olympischen Segelbewerbe vor Rio finden buchstäblich in einer Kloake statt, Unrat behindert die Athleten, die hohe Belastung des Wassers durch Viren und Bakterien macht sie krank. Im vergangenen Volvo Ocean Race berichteten sämtliche Teams von ekelerregenden treibenden Müllhalden, etwa in der Straße von Malakka, aber auch in anderen entlegenen Revieren. Und den Yachteigner oder Chartergast überkommt ob der allgegenwärtigen Einweg-Flaschen, die ihm unterwegs entgegenschwimmen oder die Strände verschmutzen, zunehmendes Unbehagen.
Kennt man die Zahlen, wandelt sich dieses Unbehagen in Entsetzen. Sieben, zehn, vielleicht sogar zwölf Millionen Tonnen Müll landen pro Jahr in den Meeren dieser Welt; Tendenz stark steigend. Mindestens 270.000 Tonnen treiben aktuell an der Wasseroberfläche, mehr als doppelt so viel ist abgesunken, schwebt in großer Tiefe oder liegt als Teppich des Grauens am Meeresboden.
Drei Viertel des Meeresmülls bestehen aus mehr oder weniger zerkleinertem Kunststoff. Und der verrottet nicht.Plastik ist erst nach rund 500 Jahren vollständig zersetzt, davor zerfällt es durch die Kombination aus UV-Strahlung, Wellenschlag und Salzwasser nur in immer kleinere Teile. Und ist eine tödliche Bedrohung für Flora und Fauna. Seevögel verwechseln bunten Kunststoff mit Nahrung und verenden daran qualvoll. Fische und Meeressäuger lassen in verloren gegangenen Nylonnetzen ihr Leben, Korallenstöcke und Muschelbänke ersticken unter Plastikplanen. Der Mensch kann den sichtbaren Gefahren aus dem Weg gehen, doch dem unsichtbaren Unheil entkommt auch er nicht. Mikroplastik, also Teilchen mit weniger als einem Millimeter Durchmesser, landet zuerst im Plankton, dem Grundnahrungsmittel vieler Meeresbewohner, später über die Nahrungskette auf unseren Tellern; die im Kunststoff enthaltenen Zusatzstoffe können das Erbgut schädigen und Krebs auslösen.
Patient Mittelmeer
Vorwiegend aus Mikroplastik bestehen auch die fünf gigantischen Müllwirbel, die sich im nördlichen und südlichen Pazifik, im Nord- und Südatlantik sowie im Indischen Ozean gebildet haben; der größte entspricht etwa der Fläche Zentraleuropas. Spanische Wissenschaftler sind nun einem sechsten Strudel auf der Spur und der liegt – im Mittelmeer. Das ist nämlich beileibe kein Gewässer der Seligen. Im Gegenteil: Da es ein beinahe geschlossenes Becken ist, sammeln sich Schadstoffe und Abfall.