Wunschkonzert und Ponyhof
Ausprobiert. Wer sich im Urlaub unbeschwert und komfortabel dem sportlichen Segeln widmen möchte, ist im Wildwind-Zentrum auf der griechischen Insel Lefkada bestens aufgehoben. Judith Duller-Mayrhofer durfte das am eigenen Leib erfahren
Lefkada, manchmal auch Lefkas genannt, ist eine 35 Kilometer lange und 15 Kilometer breite Insel im Ionischen Meer, gelegen zwischen Korfu und Kefalonia und an ihrem Nordzipfel über eine Schwimmbrücke mit dem Festland verbunden. Der gemeine Urlauber erfreut sich an den wunderschönen Stränden, steil abfallenden, imposanten weißen Kreidefelsen und malerischen Bergdörfern und genießt die vergleichsweise authentisch-griechische Atmosphäre; wiewohl es aus vielen Städten, darunter auch aus Wien, Direktflüge in die Hafenstadt Preveza gibt, blieb Lefkada bislang vom Massentourismus verschont.
Ambitionierte Wassersportler zieht es schnurstracks in den Süden, dorthin, wo sich bei Vassiliki ein Dreieck tief in die Küste eingeschnitten hat. An seiner Westseite ist es von einem Gebirgszug begrenzt und diese Topographie macht den Spot zu einem der windsichersten des gesamten europäischen Kontinents. Typischerweise stauen sich im Laufe des Vormittags die vom Meer kommenden Luftmassen an den Hängen, schieben sich dann als charakteristisches Wolkenband über die Gipfel und rauschen schließlich, die bereits vorhandene Thermik verstärkend und ihre Richtung parallel zur Küste drehend, als Fallwind über die Bucht. Fünf bis sechs Beaufort sind dann die Regel, neun Beaufort keine Seltenheit. Wer es windig mag, wird hier sein Glück finden.
An diesem Punkt ist ein Abstecher in die Vergangenheit angezeigt. Man schrieb das Jahr 1987, als Simon Morgan, ein junger Mann mit ausgeprägter Starkwind-Leidenschaft, in einem abgeranzten VW-Bus von London nach Griechenland tingelte. Hinter sich im Schlepptau hatte er einen Hobie 16, vor sich die letzten Wochen einer dreimonatigen Auszeit von seinem Brotberuf in einem Lebensmittelunternehmen, im Ohr Erzählungen über die sagenhaften Bedingungen im Süden von Lefkada. Nach mehr als 3.000 Kilometern erreichte der Brite die angepeilte Insel. Über eine staubige, unbefestigte Straße, auf der mehr Esel als motorisierte Fahrzeuge unterwegs waren, schlug er sich nach Vassiliki durch und am Strand seine Zelte auf, tat sich mit einem zufällig anwesenden, ebenfalls segelverrückten Neuseeländer zusammen und fegte jeden Tag mit dem Hobie übers azurblaue Wasser. Als es Zeit gewesen wäre, nach Hause zurück zu kehren, hielt er inne und dachte nach. Er hatte sein Paradies gefunden. Was zum Kuckuck hatte er also in London verloren? Das war die Geburtsstunde von Wildwind.
Perfekte Rahmenbedingungen
In Folge verkaufte Simon Morgan, dessen Vater Tony übrigens 1964 gemeinsam mit Keith Musto eine Olympiamedaille im FD gewonnen hatte, allen Besitz in der Heimat und gründete noch im gleichen Jahr in Vassiliki ein Segelsportzentrum, das sich rasch zu einem Renner entwickelte. Basis des Erfolgs waren jene Säulen, die bis heute die Attraktivität von Wildwind ausmachen und dem Unternehmen sein Alleinstellungsmerkmal sowie eine Wiederbucherrate von
65 % bescheren: Das moderne, hervorragend gewartete und vielfältige Material (siehe auch Kasten auf Seite 57), das die Gäste all inclusive nutzen können, das gleichermaßen superkompetente wie superfreundliche Team an Helfern und Instruktoren, das den ganzen Tag zur Verfügung steht, und ein Konzept, das Individualität, Komfort und Sicherheit zu verbinden versteht, ohne dass dabei die Qualität in irgendeinem Bereich zu kurz kommt. Am Vormittag, wenn typischerweise auflandiger Leichtwind vorherrscht, können sich die Wildwind-Gäste einer jener Gruppen anschließen, die für Einsteiger und Fortgeschrittene sowie für Monohulls und Kats angeboten werden; absolute Anfänger werden in einem eigenen Kursus zusammengefasst. Auch ein „Gruppen-Hopping“ ist möglich – heute Laser, morgen Hobie Tiger, übermorgen RS 200, aber immer unter Aufsicht und mit fachlich fundiertem Input.
Man geht einfach zu dem jeweils für 10.00 Uhr angesetzten Treffen an den Kiesstrand und sagt Bescheid, wonach einem am heutigen Tag der Sinn steht. Wer es nicht so sehr mit Gruppen hat und lieber für sich alleine los möchte, kann das genauso gut und zu jedem beliebigen Zeitpunkt tun, in jedem Fall übernehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihren leuchtend orangefarbenen T-Shirts das gesamte Handling des Materials (Auf- und Abbau der Boote, Slippen, aus dem Wasser holen) und helfen verlässlich beim Lossegeln bzw. Anlanden. Bequemer geht es nicht.
Funktionell und smart ist auch das Gelände organisiert. Segel, Ruder, Schwerter und diverses Zubehör sind in langen Holzkisten verstaut, es gibt eine geräumige, überkomplett ausgestattete Werkstatt, in der etwaige Schäden umgehend repariert werden können, einen Schuppen mit hochwertigen Mountainbikes zum Verleih, daneben eine Station, in der man sich Rettungswesten, Trapezgurte, Helme sowie andere Ausstattung holen kann, sowie ein Regal mit SUP-Boards. Alles im Paketpreis inbegriffen und ohne jeden bürokratischen Aufwand nutzbar. Unmittelbar hinter dem Strand findet sich eine Wiese, auf der zahlreiche Liegen bereit stehen, zwischen den schattenspendenden Bäumen sind Leinen gespannt, auf denen man sein Zeug zum Trocknen aufhängen kann. Hier wird gechillt, gelesen und geplaudert, wer Anschluss sucht, knüpft Kontakte und tauscht sich aus.
Angstfreier Adrenalinrausch
Wenn sich am Nachmittag mehr und mehr Schaumkronen zeigen, können jene, die ihr Handwerk verstehen, auf beliebigem Boot und eigene Faust erneut segeln gehen. Mehrere Team-Mitglieder sind mit dem Motorboot auf dem Wasser, geben bei Bedarf Tipps und schreiten ein, wenn etwa nach einer Kenterung aktive Hilfe gefragt ist. So fühlt man sich sicher und wagt es, sich an die eigenen Grenzen heranzutasten. Wer sich einen eigenständigen Starkwind-Ritt (noch) nicht zutraut, kann auf einen so genannten Joyride gehen, das heißt mit einem erfahrenen Instruktor auf einen Kat, eine Zweimann-Jolle oder ein Skiff steigen und aus erster Hand erleben, wie aufregend Segeln sein kann.