Wundersame Wiederauferstehung
Faktenlage. Der Pegelstand am Neusiedler See erreichte heuer das Niveau des langjährigen Mittelwerts, die Wassersportler konnten über die gesamte Saison hinweg problemlos aktiv sein. Mit einer dauerhaft guten Wasserhöhe darf man deshalb aber nicht rechnen
Das Szenario, das sich Anfang April 2023 am Neusiedler See bot, war beängstigend und ist nur allzu gut in Erinnerung: Der Pegelstand befand sich auf einem historischen Tief. Seit 1965 (da begann man die Messwerte aufzuzeichnen) hatte es noch nie um diese Jahreszeit so wenig Wasser gegeben, der Sommer ließ das Schlimmste befürchten, die Wassersportler rechneten nicht damit, ihre Aktivitäten bis zum Ende der Saison ungestört ausüben zu können. Wird der Neusiedler See, wie zuletzt vor rund 160 Jahren, austrocknen? Soll der Mensch eingreifen, um das zu verhindern? Und wenn ja, welche Maßnahmen wären sinnvoll? Diese Fragen beschäftigten Politiker, Naturschützer, Wirtschaftstreibende sowie all jene, die in dieser Region leben oder hier ihre Freizeit verbringen.
Eineinhalb Jahre später hat sich das Bild komplett gewandelt. Aktuell liegt der Wasserstand in etwa auf dem langjährigen saisonalen Mittel, Segeln, Surfen, Kiten und Wingfoilen war bis in den Herbst hinein problemlos möglich, rundum herrscht Erleichterung. Alles gut also?
Leider nein. Der international anerkannte österreichische Datenwissenschaftler, Universitätslektor und Segler Gerhard Svolba hat die Entwicklung der vergangenen 18 Monate nachvollzogen bzw. analysiert und warnt davor, die derzeitige Situation als das „neue Normal“ zu bewerten. „Was uns da beschert wurde, entspricht einem Lotto-Sechser“, zieht er einen drastischen Vergleich, „es gab einen Zuwachs von 40 Zentimetern in absoluten Zahlen, saisonbereinigt waren es sogar unglaubliche 58 Zentimeter.“ Ausschlaggebend dafür wären die Summe der Starkregentage sowie der kontinuierliche Regen im Winter 2023/24 gewesen. Einen besseren, sprich wasserreicheren Winter hatte es seit 1970 nur einmal, nämlich 2012/13 gegeben. Mitte Juni 2024 näherte sich der Wasserstand der magischen Linie des langjährigen Mittelwerts, am 11. Oktober wurde sie tatsächlich erreicht. Halleluja!
Aber: „So schnell, wie das Wasser gekommen ist, kann es auch wieder verschwinden“, gibt Svolba zu bedenken und kann auch Zahlen vorlegen, die das unterstützen.