A blöde Gschicht?
Allenthalben scheint die Begeisterung über die Neuauflage im America’s Cup groß. Bei mir nicht. Ich fühle mich um wesentliche Aspekte dessen geprellt, was bisher der Reiz daran war. Und: Ich halte es für folgenschwer, dass die Segel-Welt die unsportlichen Winkelzüge zweier einschlägig Besessener ertragen muss. Aber der Reihe nach.
Nach Olympia ist der America’s Cup für mich das Größte. An der glitzernden Oberfläche: die Besten der Besten jenseits der Offshore-Welt versammelt; Fokussierung auf ein Großereignis; Regattasport auf höchstem Niveau und gleichzeitig Anfängerfehler, siehe etwa Setzen des Spinnakers ohne Schoten auf dem neuseeländischen Boot im 5. Rennen des letzten Cups; eine mediale ‚Coverage‘, die es sowohl dem Laien als auch dem Fachpublikum ermöglicht, das Ereignis unter fast jedem erdenklichen Aspekt zu verfolgen. Die Basis aber bilden gegenseitiger Respekt und die gemeinsame Freude daran, sich seglerisch unter grundsätzlich gleichen Voraussetzungen – wiewohl unter Beachtung der designerischen Dimension – zu messen. Bei der 33. Auflage bleibt nur mehr die Oberfläche. Die Basis ist futsch. Es ist müßig, die Gründe dafür hier zu vertiefen (und dieses Magazin hat das ja mehrfach getan). Es ist wohl auch lediglich individuell beklagenswert, dass wir hier höchstens als Glücksfall spannende Rennen und nicht entweder den Kampf der Mehrrümpfer mit den Elementen oder eine deutliche Überlegenheit eines der beiden Designs sehen werden.
Tatsächlich folgenschwer ist die Verwahrlosung im Hinblick auf den Basiskonsens unter Seglern. America’s Cup wird als Vorbild hinsichtlich Professionalität, Vermarktung, Segelkunst, Ästhetik, Design etc. betrachtet. Zu Recht. Dieses Vorbildhafte aber wird diesmal durch die Vorgänge vor der Veranstaltung praktisch völlig konterkariert. Sportgeist und sportlichem Verhalten – bestehend aus Fairness, Beachtung von ‚spirit of the rules‘, Großzügigkeit, Höflichkeit oder Würde im Verlieren – wird hier Hohn gesprochen. Für die Anwaltskanzleien und deren Spesen- und Auftragskonten ist das gut. Für die Segel-Welt nicht. Wenn dieses Beispiel Schule macht – und das wird es, seien Sie (un?)besorgt –, dann ist damit die Botschaft verbunden, im Großen wie im Kleinen, um jeden Preis den eigenen Vorteil zu suchen, Regeln so auszulegen, wie sie sicher nicht intendiert waren und dem Anderen nicht den fairen Wettstreit, sondern die Niederlage um jeden Preis anzutragen. Das hat Folgen nicht nur für andere ähnliche Großereignisse, sondern wird wohl hinunterreichen bis in die nationale Szene und die Häulsregatta am Wochenende.
Ich weiß schon: Wenn das Ganze zum Geschäft wird, ist nichts anderes zu erwarten; war es nicht bisher auch wenigstens im Grunde so; so ist halt der Lauf der Dinge etc. Aber trotzdem.