Gäste willkommen?

Ob australische Aborigines oder kanadische Eskimos, ob Christentum, Islam oder indigene Religionen – Gastfreundschaft ist wertemäßig stark verankert. Segler wissen und schätzen das. Von See her kommend ist ein Hafen oft ersehnte Zuflucht und Geborgenheit, vom Land her in der Regel attraktiver Zugang zum Wasser. Allerdings: ein in der Regel knappes, aber nicht öffentliches Gut. Und an Letzterem spießt es sich oft.
Ein Beispiel: Bei einem Kurzbesuch in Miami, Florida, versuche ich spontan, am South Bayshore Drive Zugang zu einem der aus meiner Jugend mythologisch-verklärten Yachtclubs zu erlangen: dem Coral Reef Yacht Club (www.coralreefyachtclub.org). In den späten Sechzigern Brutstätte der weltweiten Optimisten-Elite mit Leuten wie Doug Bull oder Claudia Stokes oder auch in jüngerer Vergangenheit mit Seglern wie Sean Moynihan oder Antoine Screve als Mitgliedern des US-Nationalteams. Die Homepage war verheißungsvoll: „For over fifty years, sailors from all over the world have entered through our stately royal palmed driveway. … Our beautiful clubhouse was purchased … in 1955.” Also vorbei am Biscayne Bay Yacht Club hin zur Einfahrt in den CRYC. Tatsächlich: Palmen, Einfahrt, im Hintergrund das kolonial anmutende Gebäude – ich sehe mich schon auf der Clubterrasse sitzen, einen Mojito schlürfen und – die Sonne im Rücken und Key Biscayne vor mir – einen entspannten Abend genießen.
Das zunächst nur peripher wahrgenommene Parkhäuschen gerät aber ganz schnell in den Aufmerksamkeitsfokus. Daraus schält sich nämlich in gelassener Selbstverständlichkeit ein hinsichtlich Leibesfülle und Uniformiertheit nicht zu übersehender Afro-Amerikaner heraus und verlangt freundlich, aber bestimmt Auskunft über mein Begehr. Nicht ganz unvorbereitet erwähne ich Mark Mueller (ein im Club beheimateter Segelkollege von früher) als Subjekt meiner Suche, ob er denn schon hier sei und dass ich, extra aus Europa hierher gekommen, auch ein Segler bin und gerne ‚drinnen‘ warten würde. Österreichischer Schmäh zieht aber nicht, der Security kennt zwar Mark („He ususally comes in this time of the day“ – warum nicht gerade jetzt?!) und ich kann eine Nachricht für Mark hinterlassen, aber das war es schon auch. Bleibt der ehrenhafte Rückzug und Chillen beim öffentlichen Zugang zur Bay – auch nicht schlecht, aber CRYC bleibt damit auf der Liste der noch zu besuchenden Destinationen.
P. S. Einsamer Höhepunkt der Gastfreundschaft im Sport: Postplatz in Wien, Landhockey-Finalturnier, U16 weiblich, meine Trinkflasche passt nicht unter den kleinen Wasserhahn. Nachfrage, ob ich sonstwo im Clubhaus auffüllen darf? Gibt es nicht, hamma nicht, tschüss. Wie gut haben’s wir Segler …

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