Lederer oder Leader?
Nach 126 Tagen, 5 Stunden, 31 Minuten und 56 Sekunden ging Norbert Sedlacek beim Vendée Globe 08/09 durchs Ziel.
Wurde er damit
erwartungsgemäß Letzter, mehr als 40 Tage hinter dem Sieger und ohne echte Chance auf den Sieg?
Oder erster deutschsprachiger „Finisher“ bei diesem Rennen, wobei er das erste Drittel mit seinem 11. Platz unter 30 gestarteten Teilnehmern nur knapp verfehlte?
Nüchtern betrachtet: beides. Sedlaceks Erstversuch beim letzten Vendée Globe (2004/05) war auf Grund von Kielproblemen bereits in Kapstadt zu Ende und vom Ergebnis her wenig überzeugend. Der letzte Platz bei dieser Auflage ist zwar demgegenüber ein Fortschritt, aber halt ein lupenreiner „Lederer“. Dementsprechend bissig fallen manche Kommentare aus der Fachwelt aus.
In einer Gesamtbeurteilung ist das aber nur eine Seite des Bildes. Auch die andere Seite verdient ausgesprochene Würdigung – und dazu muss man kein Fan von Sedlacek und seiner Vermarktungsstrategie sein.
Erstens: Der Mann verdient schon deswegen (mehr?) Respekt, weil er seine Träume hartnäckig zu verwirklichen versucht. Mittel hin, Auftreten her, alleine die Leistung, das Vorhaben auf die Beine gestellt zu haben, ist beachtlich.
Zweitens: Bei einer Regatta anzutreten, obwohl man keine reelle Chance auf einen Platz am Stockerl hat, ist nichts Ehrenrühriges. Ansonsten wäre Österreichs Regatta-Szene zu 80% leergefegt, hätte ich früher – von jetzt ganz zu schweigen – bei bestimmten Windbedingungen erst gar nicht antreten dürfen und würde Regattasegeln zum reinen „Gewinnen-Müssen“ verkommen. Der vom Marathonlauf bekannte Sager „Durchkommen heißt Siegen“ mag abgegriffen sein, passt aber allemal.
Drittens: Woran es liegt, dass ähnlich beeindruckende und in den zählbaren Resultaten vermutlich ähnlich limitierte Unternehmungen wie eine österreichische Astro- oder RC44-Kampagne eine deutlich bessere Nachred‘ haben, weiß ich nicht. Jedenfalls hat es der im Auftritt oft polarisierende Sedlacek nicht leicht im Heimatland. Österreichs Segel-Adel lässt sich von einem Ex-Straßenbahner, der die Bim Bim sein lässt und sich an allen etablierten Strukturen vorbei im (durchaus kritisierbaren) „Selbst-ist-der-Mann“-Verfahren das (Hochsee-)Segeln beibringt, nicht ohne weiteres beeindrucken – da kannst du mittlerweile zehn Mal eines der Hochsee-Aushängeschilder Österreichs sein.
Die Welt braucht auch bunte Vögel, Leute auf ungewohnten Pfaden, die eigensinnig ihre Vision mit und oft auch ohne Beifall verwirklichen. Daher ein Vorschlag zur Güte: Keine(r) muss das lieben oder gut finden – Respekt verdient es/er allemal.