Für jeden Geschmack
Unter dem Kürzel FVG Marinas machen zwanzig italienische Anlagen an der Oberen Adria gemeinsame Sache. Judith Duller-Mayrhofer hat mehr als die Hälfte davon besucht und sich mit eigenen Augen ein Bild von ihrer Vielfalt gemacht
Warum schließen sich Menschen, Unternehmen, Institutionen oder Länder zusammen? Um ihre Vorzüge und Talente zu bündeln, um definierte Ziele durch kollektive Anstrengung zu erreichen, um Ressourcen optimal zu nutzen. Um stärker zu werden. Beim Netzwerk FVG ist es nicht anders. Die zwanzig Marinas der Region Friaul-Julisch Venetien, die sich 2016 unter diesem Dach vereint haben, agieren zwar als unabhängige Unternehmen, verfolgen aber eine gemeinsame Marketingstrategie. Man stellt seine speziellen Reize ins Rampenlicht, positioniert sich mit vielfältiger Landschaft, kulturellen Highlights und ideenreicher Gastronomie bewusst als attraktiver Kontrapunkt zu dem mächtigen Mitbewerber Kroatien und tritt als Gruppe für den Wassersport in Italien ein. Insgesamt verfügen die zwanzig Anlagen über mehr als 7.000 Liegeplätze, ihre Kunden genießen mit der FVG Marinas Card diverse Vorteile und Vergünstigungen, auch was Transit-Besuche betrifft. So will man die Bootsfahrer zum Bleiben im Land animieren – was zunehmend gelingt.
Diese übergeordnete Klammer ändert aber nichts daran, dass die einzelnen Betriebe sehr unterschiedlich ausgerichtet sind und daher auch unterschiedliche Zielgruppen ansprechen, wie ein mehrtägiger Lokalaugenschein mit zahlreichen Zwischenstopps zeigte.
Eine der exklusivsten Anlagen der gesamten Region findet sich zwischen Monfalcone und Triest, in der Bucht von Sistiana. Dort wurde in einem stillgelegten Steinbruch auf 35 Hektar ein ambitioniertes Immobilienentwicklungsprojekt realisiert, zu dem neben einem künstlichen Dorf auch die Marina Portopiccolo gehört. Die gebotene Infrastruktur könnte luxuriöser nicht sein. Im Fünf-Sterne-Hotel Falisia kann man einen Cocktail trinken oder fein speisen, im Spa sich rundum verwöhnen lassen, im Beach Club samt Strandbar unter einem weißen Baldachin entspannen. Das Hafenbecken wurde der Natur regelrecht abgetrotzt, per Bagger ausgegraben und im Sommer 2014 geflutet. Derzeit gibt es 117 Liegeplätze für Yachten bis zu einer Länge von 35 Metern, etwa zehn sind für Transit-Gäste reserviert. Vor der 50 Meter breiten Einfahrt, die von einem Wellenbrecher geschützt ist, wurden heuer vier Bojen installiert, 2023 soll Besuchern ein Feld von zwanzig Stück zur Verfügung stehen, sagt Marina-Manager Alberto Leghissa, mit dem wir uns im Restaurant Bris (www.brisrestaurant.it) treffen. Die Platte mit Rohschinken, Käse und Salami, die man uns auf der Terrasse serviert, könnte sinnbildlich für den Anspruch dieser Marina stehen: In überragender Qualität wird das Simple zum größten Genuss.
Auf Grado finden sich drei Marinas, die zum Netzwerk gehören, und jeweils mit ganz spezifischer Atmosphäre locken. Die kleine, sehr familiäre Darsena San Marco ist nur einen Steinwurf vom historischen Zentrum entfernt und gegenüber der Zufahrt zum Stadthafen gelegen. Sie bietet hundert Liegeplätze bis 20 Meter, entweder auf Schwimmstegen entlang des Belverdere-Kanals oder an der Mole, Katamarane sind auf einer nahen Insel angesiedelt und daher nur mit dem Dingi zu erreichen.
Im Süden, am äußersten Zipfel der Lagune von Grado und damit abseits der touristischen Trampelpfade findet sich Porto San Vito mit 127 Liegeplätzen für Yachten bis 24 Meter. Gäste können sich im Pool erfrischen, haben aber auch einen privaten, direkten Zugang zum Strand. Ein echter Knaller ist das Restaurant La Dinette (www.ristoranteladinettegrado.it). Dort bietet Luca David nicht nur einfallsreiche Fisch-Küche, sondern speziell bei den mehrgängigen Menüs auch ein sehr anständiges Preis-Leistungsverhältnis. Tipp: Wenn Sarde in Saor auf der Karte stehen, unbedingt zuschlagen. Die frittierten, mit geschmorten roten Zwiebeln überhäuften Sardinien in süßsaurer Marinade schmecken großartig und werden, wiewohl natürlich frisch zubereitet, in einer Konservendose serviert – pfiffig.
Dritte im Bunde der Sonneninsel ist die Marina Tenuta Primero. Hier eröffnet sich am Rande eines Naturreservats ein 120 Hektar großes Universum für sich – mit Appartements, Bungalows und Campingplatz, Golfclub, Leihfahrrädern, Veranstaltungsbühne, Pool und Privatstrand –, das auch von nicht-nautischen Urlaubern gerne genutzt wird. Die Marina, die mit 271 Liegeplätzen zu den größeren Anlagen unter dem FVG-Dach gehört, wird von Sarah Pasquali, die perfekt Deutsch spricht, mit viel Herzblut, aber auch straffer Hand geführt.
Auch in San Giorgio hat sich ein FVG-Dreier-Gespann etabliert. Die Marina Planais (47 Liegeplätze bis 14 Meter Länge) verfügt über eine sehr gut ausgestattete Werft sowie eine eigene Segelmacherei und ist damit für Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten prädestiniert; spezialisiert hat man sich hier auf die Wartung und Umrüstung von klassischen Yachten.
Österreichern am meisten geläufig dürfte die Cantieri Marina San Giorgio am Oberlauf des Flusses Corno sein, die 2023 ihren 50. Geburtstag feiert. Sie ist nach wie vor in Familienbesitz, die Strippen zieht umsichtig Davide Piccinin, der Sohn des Gründers.