Elling E6
Werftchef Anton van den Bos pflegt einen sehr speziellen Zugang zum Thema Yachting. Sicherheit und die Eignung für weltweite Fahrt sind seine zentralen Anliegen
Viele Eigner einer Elling sind oder waren Segler. Das mag überraschen, aber tatsächlich erfüllen die holländischen Halbgleiter viele Bedürfnisse dieser Spezies. Das bestätigt auch der frischgebackene österreichische Eigner jener Elling E6, mit der die Testfahrt vor Biograd bestritten wurde. Er besaß ursprünglich eine Sun Odyssey 36 und suchte aus Komfortgründen nach einer Motoryacht, die klassischen Style haben und maximale Sicherheit bieten sollte. Im Regelfall wollte er damit eher langsam unterwegs sein (und wenig Sprit verbrauchen), in speziellen Situationen, beispielsweise bei drohendem Gewitter, aber auch zügig fahren können. So kam er auf Elling.
Keine Kompromisse
„Es ist unser Traum, die beste Yacht der Welt zu bauen“, ist auf der Elling-Homepage zu lesen – ein selbstbewusstes Statement. Werftchef Anton van den Bos hat seit Jahrzehnten ein klares Ziel vor Augen und weiß genau, was seine Modelle können müssen. Das erste Modell Elling E3 lief vor 25 Jahren bei Neptune Marine vom Stapel, im Jahr 2004 folgte die geringfügig modifizierte Elling E4, von der bislang 300 Einheiten gebaut wurden. Im Jahr 2016 wurde die Elling E6 präsentiert.
Alle Modelle sind als Halbgleiter konzipiert und extrem sicher. So wurden die im Handauflegeverfahren gebauten Rümpfe mit Kevlar verstärkt, einem Material, das auch für schusssichere Westen verwendet wird. Im Fall einer Kollision mit einem schwimmenden Container – ein Szenario, das hoffentlich niemals eintritt, aber auch nicht auszuschließen ist – käme dessen Qualität zu tragen. Darüberhinaus reduziert Kevlar Vibrationen und den Geräuschpegel.
Kentersicherheit ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Das Designteam berechnete auf Geheiß von Anton van den Bos alle drei Modelle so, dass sie sich im Fall einer Kenterung von selbst aufrichten. Um das in der Praxis zu demonstrieren, ließ sich Boss van den Bos höchstpersönlich auf dem Steuersitz einer E4 festschnallen und die Yacht mithilfe eines Krans um 180 Grad drehen und unter Wasser drücken. Und siehe da, das Schiff kam unverzüglich zurück in die Aufrechte und es floss kein Tropfen Wasser ins Innere. Alle Ellings sind übrigens Kategorie A zertifziert, die Fähigkeit zur Selbstaufrichtung entspricht sogar den Solas-Bestimmungen.
Eine typische Schwachstelle auf Yachten sind große Fensterflächen im Kajütaufbau. Elling setzt daher auf Isolierglas, Doppelverglasung und isolierte Fensterrahmen als Vorbeugung gegen Kondenswasser. Ein technisches Gustostück ist das Schiebedach. Auf eine Flybridge hat man – genau, aus Sicherheitsgründen – verzichtet, dafür gibt es ein riesiges Schiebedach, das zu 100 Prozent wasserdicht ist, wie der vor Journalisten durchgeführten Kentertest bewies. Möglich macht das ein System, das aus der Luftfahrt stammt, nämlich ein Luftschlauch, der nach dem Schließen des Schiebedachs mittels Kompressor aufgeblasen wird – eine auf Yachten dieses Genres einzigartige Lösung.
Für frischen Wind im Salon sorgen des weiteren seitliche, elektrisch zu öffnende Schiebefenster, die vorderen Fenster klappen nach oben. Diese Kombination gewährleistet perfekte Durchlüftung. Eine Klimaanlage ist selbstverständlich vorgesehen, in der Praxis kommt man aber auch an heißen Tagen sehr, sehr lange ohne künstliche Abkühlungsmaßnahme zurecht, weil sich die Fensterflächen zudem gut beschatten lassen und die Yacht mit 12 mm dickem Schaum bestens isoliert ist; das schützt gegen Kälte und Hitze gleichermaßen. Laut Van den Bos wissen das immer mehr Eigner zu schätzen.
Grenzenlose Freiheit
Zweites großes Thema neben der Sicherheit ist die Reichweite. Mit allen drei Modellen kommt man problemlos über den Atlantik, behauptet Van den Bos. Um das unter Beweis zu stellen, organisierte er im Dezember 2008 einen Törn mit drei nagelneuen Elling E4, der von den Kanarischen Inseln über 2.500 Seemeilen in die Karibik führte. Nach 16 Tagen war die kleine Flotte am Zielort St. Martin angelangt, bei einer Reisegeschwindigkeit von 7,5 Knoten und einem Verbrauch von 7,5 Liter pro Stunde. Die getestete Elling E6 würde dieselbe Distanz in elf Tagen mit einem Verbrauch von zwei Litern pro Seemeile und einer Geschwindigkeit von neun Knoten schaffen.
Ermöglicht werden diese Reichweiten durch eine geniale Motorkonfiguration, bei der Van den Bos ebenfalls eigene Wege beschritt. So sind alle Ellings mit nur einem Hauptmotor ausgestattet, weil das maximale Energieeffizienz garantiert.