Fluch und Segen
Über Plattformen wie Facebook oder Instagram können Segelsportler eine breite Öffentlichkeit erreichen und ihren Markenwert erhöhen. Doch neue Chancen bergen auch neue Gefahren
Ein Profi-Sportler muss heutzutage auf Social-Media-Plattformen aktiv sein. Über diese digitalen Kanäle baut er eine Beziehung zu seinen Fans auf, versorgt sie mit Informationen und vermarktet sich gleichzeitig als Person. Erzielt er eine entsprechende Reichweite, wird er damit auch für die Werbewirtschaft interessant; als hohe Kunst in diesem Spiel gilt der gekonnte, sprich ausbalancierte Mix aus Sponsor-Posts und (zumindest scheinbar) authentischen Beiträgen, die den Follower mit Einblicken in die Höhen und Tiefen des Sportler-Lebens bei der Stange halten. Unfassliche 122 Millionen Menschen folgen einem Cristiano Ronaldo auf Facebook, 177 Millionen sind es auf Instagram. Hier wie dort zeigt der Fußball-Gott seinen nackten, durchtrainierten Oberkörper, Schnappschüsse vom Training am Platz oder das Shampoo, mit dem er sein Haar wäscht – und bekommt dafür hunderttausende Likes und Kommentare.
In einer Randsportart wie Segeln kann man von solchen Zahlen nur träumen; selbst ein Ben Ainslie bringt es auf Facebook nicht einmal auf 50.000 Fans, einem Tom Slingsby folgen nicht mehr 15.000 Personen. Dennoch ist Social-Media-Arbeit für alle ein Thema, egal ob sie sich in der Sparte Olympia, Big Boat oder Hochsee bewegen. „Du brauchst die Präsenz, weil das für gewisse Sponsoren extrem wichtig geworden ist“, erklärt Nacra17-Steuermann Thomas Zajac, „es gibt Unternehmen, die sind nicht mehr daran interessiert, dass mein Boot mit ihrem Logo in der Kronenzeitung zu sehen ist, sondern bezahlen mich, damit ihr Produkt elegant und stimmig auf meinem Facebook- und Instagram-Account gezeigt wird. Ihre Marke soll mit mir und den Werten, die ich vertrete, verknüpft werden, das ist der Deal.“
So ein Deal, der beispielsweise per Vertrag ganz konkret mindestens drei einschlägige Posts pro Woche einfordert, funktioniert aber nur, wenn der Sponsor sicher sein kann, dass möglichst viele Menschen erreicht werden. Dafür braucht es – neben interessanten Inhalten – auch eine gewisse Regelmäßigkeit.
Steter Tropfen
„Wenn du nur nach jeder dritten Regatta etwas postest und dazwischen Funkstille herrscht, bringt das gar nichts“, weiß Louis Schwingenschlögl, der Internationale Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing studiert hat. Er ist seit April für den Social-Media-Auftritt des Candidate Sailing Teams zuständig, zu dem unter anderem der OeSV-Nationalkader, aber auch Mini650-Segler Christian Kargl oder die Flying-Lago-Truppe gehören. In dieser Funktion bedient er die Kanäle auf Facebook, Instagram sowie YouTube. Auf letzterem wird alle zwei Wochen ein aufwendiges Video veröffentlicht, das über eine Länge zwischen sieben und 14 Minuten einen bestimmten Aspekt des Segelsports aufgreift und nach allen Regeln der Kunst darstellt. Da fetzen die Protagonisten in raschen Schnitten und mit cooler Musik unterlegt über das Wasser, kentern spektakulär, geben nass und zerzaust Interviews, machen im Hotelzimmer Liegestütze oder basteln im Hafen an ihrem Boot. Produziert werden diese Episoden von Film-Profi Dominik Matesa, der ebenfalls für das Candidate Sailing Team arbeitet. Er hat die OeSV-Truppe heuer mit seinen Kameras nach Palma, Uruguay und Miami begleitet, jede Menge Material gesammelt und zu Videos in unterschiedlichem Stil verarbeitet. „Es geht darum, die Vielseitigkeit dieses Sports zu zeigen, aber auch die Emotionen einzufangen“, umreißt Matesa seine Tätigkeit. Ansprechen soll er mit seinen Filmen nicht nur das einschlägige Publikum, sondern auch Menschen, die mit dem Segeln (noch) nichts am Hut haben – das ist nämlich das deklarierte Ziel von Candidate-Boss Dieter Schneider.