Unklare Verhältnisse
Juni 2022: Die private Monatsbilanz von Judith Duller-Mayrhofer
Ungesund 1. Besichtigungstour durch diverse Marinas an der oberen italienischen Adria, organisiert vom gemeinsamen Netzwerk FVG. Die Journalisten können alles in Augenschein nehmen und haben Gelegenheit zum Austausch mit den verantwortlichen Führungskräften. Durchaus interessant. Interessant auch, dass zu jeder Tages- und Mahlzeit erst einmal eine Flasche Prosecco auf den Tisch kommt. Leiste zuerst tapfer Widerstand, ergebe mich aber bald dem Sog des Kollektivs. Eigentlich sehr beschwingend, stelle ich überrascht fest; daran gewöhnen sollte ich mich aber wohl besser nicht.
Ungesund 2. Mit meinem Mann habe ich ja einen sehr guten Griff gemacht, aber ich pflege eine toxische Beziehung zu meinem Wing-Foil-Bord. Nachdem ich mich vor einem Jahr Hals über Kopf und gegen jede Vernunft verliebt habe, ist unser Verhältnis schwierig. Mal verleben wir wunderschöne gemeinsame Stunden am Wasser, dann wieder werde ich gedemütigt und verletzt. Dementsprechend schwankt meine Laune zwischen himmelhochjauchzend („Das Coolste, was ich je gemacht habe!“) und zu Tode betrübt („Ich verkauf den ganzen Krempel!“). Wie immer in so einem Fall haben die Außenstehenden längst erkannt, was Sache ist. Meine Kinder schenken mir einen Sturzhelm, um das Schlimmste zu verhindern, meine Freundinnen schütteln verständnislos den Kopf. „Willst dir nicht lieber ein Theater-Abo zulegen?“, fragt eine vorsichtig. Noch eine schmachvolle Erniedrigung und ich bin soweit. Und in der Pause trink ich Prosecco.