Willkommen an Bord
Rundgang durch den VO65-Racer des spanischen Teams Mapfre – ein Lokalaugenschein von Bord
Aus alt mach neu. Gezählte 439 Positionen – von umfangreichen NDT*- und Ultraschall-Analysen der Rumpfstruktur bis zum Ersatz sämtlicher Decksaugen – standen auf der To-Do-Liste. Die galt es abzuarbeiten um die VO65, die schon 2015/16 im Renntempo um den Erdball gesegelt waren, für ihre zweite Weltumrundung fit zu machen. 6.000 Arbeitsstunden bzw. eine Million Euro wurden in diesen Refit gesteckt – pro Schiff wohlgemerkt.
Da man die Flotte von vornherein für zwei Ausgaben des Extrem-Rennens konzipiert hatte, wurden zwar keine wesentlichen Veränderungen an den Yachten vorgenommen, aber doch diverse neue Detaillösungen umgesetzt.
* non-destructive testing bzw. zerstörungsfreie Werkstoffprüfung
(1) MOTOR
Was hat ein Einbaudiesel überhaupt auf einer Regattayacht verloren? Der Volvo Penta D2-75 erfüllt gleich mehrere wichtige Funktionen: Er dient in Notfallsituationen sowie bei An- und Ablegemanövern als Antrieb und ermöglicht es den Teams an windstillen Tagen zu den Veranstaltungsorten zu kommen. Außerdem stellt er die Stromversorgung für das elektronische Equipment sicher. Und davon gibt es reichlich: Instrumente, Kommunikationseinrichtungen, Computer, Kameras, Beleuchtung sowie Ventilatoren bzw. Heizung sind im Dauereinsatz. Geheizt wird übrigens mit der Abwärme des Motors. Der von zwei 24-Volt-Generatoren erzeugte Strom wird in zwei Lithium-Ionen-Batterien gespeichert.
Der Motor ist auch für den Betrieb der hydraulischen Pumpen notwendig, die den 3,5 Tonnen schweren Neigekiel bewegen. Das hydraulische System benötigt so viel Energie, dass der Motor bei jeder Wende mitläuft.
„Auf den Motor muss 100% Verlass sein“, “, erzählt Nick Brice, Chef der renneigenen Werkstatt The Boatyard. „Er ist die Hauptenergiequelle und buchstäblich überlebensnotwendig. Er treibt zum Beispiel den Watermaker an und stellt damit sicher, dass die Crew auch auf langen Etappen ausreichend Trinkwasser zur Verfügung hat.“ Die Maschine wird normalerweise täglich zwei bis vier Mal gestartet; um eine missbräuchliche Verwendung zu verhindern ist das Getriebe versiegelt.
Beim Volvo Ocean Race 2015/16 liefen die Motoren vom jeweiligen Start der Kampagne bis zum Ende des Rennes durchschnittlich rund 1.800 Stunden. Die Maschinen wurden nicht ersetzt, sondern nur generalüberholt. „Es handelt sich nach wie vor um den unveränderten Standardmotor. Es mussten nur die Installationen und das Motorfundament angepasst werden“, erklärt Johannes Carlsson, der die Teams zum dritten Mal als Volvo Penta Support-Fachkraft während des gesamten Rennens begleitet. Der Motor muss enorme G-Kräfte aushalten. Diese werden durch die hohe Geschwindigkeit der Yacht und die heftigen Bewegungen verursacht, sind weitaus höher als auf einer Segelyacht üblich und eher mit einem Kampfflugzeug zu vergleichen.
Auf Grund der starken Krängung der VO65-Racer verfügt der Motor über zwei Wasserzuläufe. Per Sensor wird erfasst, auf welchem Bug das Schiff segelt und über welchen Zugang das Kühlwasser angesaugt werden kann.
Die Bordmechaniker werden im Vorfeld des Rennens von Carlsson geschult und auf Notfälle vorbereitet. „Die kritischste Situation ist, wenn der Motor nicht startet. Wir zeigen der Crew daher, wie man ihn mit einem Seilzug (pulley rope) in Gang bekommt“, sagt Carlsson. Außerdem bekommen die Segler ein umfangreiches Ersatzteil-Lager mit auf die Reise. Es beinhaltet unter anderem Dieselfilter, Zylinderbolzen, Keilriemen, Entlüftungsschraube (die übrigens am häufigsten kaputt wird), Motoröl, Pumpe, Starter, Geschwindigkeitssensor, MDI-Einheit, Startknopf-Panel, Impeller und Starthilfe.
(2) UNTER DECK
Karbon ist bekanntlich tiefschwarz – und schluckt das unter Deck ohnehin nur spärlich vorhandene Licht komplett. Deshalb gibt das Regelwerk vor, dass bestimmte Areale des Bootes mit weißer Antirutschfarbe gestrichen werden müssen.