Nordzypern
Der türkische Nordteil der Insel ist ein reizvolles, unberührtes Revier
„Willkommen auf Zypern!“ heißt es in Shakespeares „Mohr von Venedig“, und mit einem „Merhaba!“ wird man Sie auch in Girne willkommen heißen, wenn Sie (wahrscheinlich nach einem Nachttörn) im Hafenamt des ehemaligen griechischen Kyrenia einklarieren wollen. Immer schon war die durch „Kypros“ (=Kupfer) reich gewordene und strategisch wichtige Insel Zankapfel großer Mächte. Bei Shakespeare siegte Venedig über die Türken. Die letzte Auseinandersetzung endete mit einem Patt und das führte zur Teilung der Insel. Die Griechen brachten das Kunststück fertig, dass nicht nur ihre „Republik Zypern“ sondern gleich die gesamte Insel in die EU aufgenommen wurde; die nur von der Türkei anerkannte „Türkische Republik Nordzypern“ hingegen wird bis heute von der Gemeinschaft ignoriert. Das hat Folgen, auch für Segler: Sie können nur von einem türkischen Hafen aus nach dem Norden ausklarieren und müssen, dort angekommen, in ein EU-Gebiet einklarieren, über dem die Halbmond-Flagge Nordzyperns weht. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Am besten Sie vergessen die völkerrechtlichen Spitzfindigkeiten, erledigen den Papierkram und geben sich, sobald freie Verkehrserlaubnis erteilt wurde, ganz dem Zauber der Insel und dem Reiz dieses Segelreviers hin.
Wird man als Schmuddelkind abgetan, kann dies auch Vorteile haben. Kyrenia war schon immer die Perle Zyperns und ist es bis heute geblieben, da sich der Massentourismus durch die Ausgrenzung Nordzyperns selbst ausgegrenzt hat. Falls Sie es schaffen, in dem von einem mächtigen Kastell bewachten alten Hafen einen Liegeplatz zu ergattern, liegen Sie nicht nur absolut sicher sondern genießen auch ein im Mittelmeer sehr rar gewordenes Flair. Sollte Ihnen der Nachttörn noch in den Knochen stecken, verholen Sie sich ins Kastell und besuchen Sie das Schiffswrack-Museum. Es wird Sie aufmuntern zu sehen, mit welchen Schiffen die alten Griechen bereits weite und erfolgreiche Reisen unternommen haben, auch wenn jene Fahrt, die das von Samos gekommene Schaustück angetreten war, vor 2.400 Jahren kurz vor Kyrenias Hafen geendet hatte. Faszinierend, dass sich der aus den Resten des Wracks rekonstruierte Linienriss nur geringfügig von jenem der Little Bear unterscheidet, die Hiscock vor 50 Jahren als ideale Fahrtenyacht gepriesen hatte.
Kyrenia ist auch von oben schön, am schönsten von St. Hilarion aus. Zwischen den Ruinen der einst prächtigen Sommerresidenz von Zyperns Königen, die wegen ihrer Größe und Weitläufigkeit auch „Stadt der tausend Gemächer“ genannt wurde, kann man auf steilen Bergpfaden die Seemannsbeine für einen Ausflug nach Bellapais trimmen. Berühmt ist der hoch über Kyrenia gelegene Ort wegen seiner Klosterruine, für manche die schönste gotische des Mittelmeerraumes. Weithin bekannt wurde er durch den englischen Schriftsteller Lawrence Durrell, der hier drei Jahre lebte. Mit seinem Buch „Bittere Limonen“ könnte man sich unter den „Baum des Müßiggangs“ setzen und das Kapitel über den Hauskauf lesen. Wer danach in die Aci Limon Sokak, die damals „zu steil war, um sie mit dem Auto zu befahren“ pilgert, wird das Haus Nr. 15 mit seinem geschnitzten Tor, den hölzernen Fensterläden und seiner vom Wein umrankten Terrasse exakt wie von Durrell beschrieben vorfinden.
Juwel Karpaz
Nur wenige Yachten segeln von Kyrenia aus mit Kurs West in den Golf von Morfou. Dabei wären die Ruinenstädte von Soloi und Vouni durchaus einen Besuch wert. Das Problem ist nur, dass Sehit Salih Hüseyin Limani, der einzige halbwegs Schutz bietende Hafen in diesem Revier, ebenso in einem militärischen Sperrgebiet liegt wie die schönen Ankerplätze vor den Felsen von Petra tou Limniti. Einzig vor dem Restaurant Mardin, am Ortsende von Karovostasi, könnte man es wagen, das Boot einige Zeit unbeaufsichtigt liegen zu lassen. Aber wiegt das den langen Weg gegen den Meltemi auf?
Den gesamten Revierbericht lesen Sie in der Yachtrevue 03/2015, ab 27. Februar am Kiosk!