MOD70 Europatour
Einheits-Trimarane zu Gast in Irland, zweite Etappe führt nach Portugal
Spannender kann eine Segelregatta nicht sein: Gleich drei MOD70-Trimarane beendeten die Stadtrennen auf der zweiten Station ihrer Europatour in Dùn Laoghaire bei Dublin punktgleich, nachdem sie zuvor schon auf der ersten Hochseestrecke von Kiel nach Irland nur 77 Sekunden auseinander gelegen hatten. Erst das kurze Speedmatch entschied den Thriller zu Gunsten von Yann Guichard und seiner französischen Crew der „Spindrift racing“. Rang zwei ging an die „Groupe Edmond de Rothschild“ mit Sébastien Josse vor der Gesamtführenden „FONCIA“ unter Skipper Michel Desjoyeaux (beide ebenfalls Frankreich). Deren Vorsprung verringerte sich vor dem Start der zweiten Hochseeetappe am Sonntag (9. September) nach Cascais in Portugal auf fünf Punkte vor der „Spindrift racing“. Weitere fünf Zähler zurück folgt Josse und insgesamt 20 der Schweizer Stève Ravussin mit der „Race for Water“ auf Rang vier. Die multinationale Crew der „Musandam-Oman Sail“ unter Führung von Sidney Gavignet kam erst am zweiten Tag der City Races in Form und muss die MOD70 Europatour 24 Punkte hinter dem Spitzenreiter fortsetzen. Die Regatta endet am 2. Oktober in Genua/Italien.
Zahlreiche Zuschauer und Gäste aus dem In- und Ausland sowie nicht zuletzt die beteiligten Segler selbst genossen die Dramatik eines Wettkampfs, der eine Lanze für das Konzept der baugleichen MOD70 als Einheitsklasse bricht. War die Bedeutung der etwa zehnminütigen Speedmatches zunächst unterschätzt worden, bekamen die Organisatoren erneut Wasser auf die Mühlen. Bereits bei den Betfair City Races zum Auftakt in Kiel hatten die ultrakurzen Rennen für eine Platzierungsentscheidung sorgen müssen. In Dùn Laoghaire ging es sogar um den Sieg, nachdem die „Spindrift racing“ und die „Groupe Edmond de Rothschild“ die beiden Tagessiege der „FONCIA“ vom ersten Tag egalisiert hatten.
Dabei hätten sie dem „Professor“ genannten Desjoyeaux schon im letzten Stadtrennen den Schneid abkaufen können, das jedoch den Ergebnisverlauf bis dahin völlig auf den Kopf stellte und einen noch eindrucksvolleren Beweis für die Ausgeglichenheit der neuen Bootsklasse lieferte. Denn die bis dahin weitgehend chancenlose „Race for Water“ gewann den Start knapp vor der ebenfalls abgeschlagenen „Musandam-Oman Sail“. Beide setzten sich sofort von den Favoriten ab und punkteten zum Abschluss, ohne jedoch ihre Plätze vier und fünf noch verbessern zu können.
Die City Races von Irland hatten für das Team aus dem Sultanat Oman gleich mit zwei Rückschlägen begonnen. Zunächst fehlte der Kieler Michael Müller, der für die bei den Hafenrennen von sechs auf acht Crewmitglieder erhöhte Besatzung nominiert war. Der 29-jährige Weltumsegler hatte sich gleich im ersten Rennen vor der Haustür an Bord eine Fußverletzung zugezogen und war binnen Wochenfrist noch nicht wieder hergestellt, um die Mannschaft zu verstärken. Kurz vor der ersten Wettfahrt in Dùn Laoghaire brach dann auch noch ein Seitenschwert, das dank der Unterstützung anderer Teams erst im allerletzten Moment ersetzt werden konnte. Danach suchte die Crew von Gavignet nach ihrem Rhythmus und hatte nach dem ersten Tag bereits einen großen Rückstand auf die Konkurrenz.
Mit Vorfreude und positiver Anspannung gingen die fünf Teams am Sonntagnachmittag in die nächste Hochseeetappe. Es ist nach dem Auftakt der MOD70 Europatour aus Deutschland mit 1.215 Seemeilen die zweitlängste Teilstrecke. Bereits die ersten 100 Seemeilen zur Südostecke Irlands versprechen eine große taktische Herausforderung und Action pur. Denn es sind frische bis starke, in Böen steife südwestliche Winde vorhergesagt, die südsüdostdrehend für ein Am-Wind-Kreuz und in der gegenläufigen Tidenströmung für steile Wellen sorgen dürften.
Vorbei am legendären Felsen Fastnet Rock wird der Kurs auf Kap Finisterre absetzt. „Wenn die erwartete Kaltfront uns erst nach der Fastnet-Rundung erwischt, würde die Passage nach Süden einfacher und vermutlich bei Westwind eine strikte Geradeausfahrt auf direktem Kurs“, erklärt Franck Cammas als Navigator der „Race for Water“. Als Gewinnerskipper des Volvo Ocean Race rund um die Welt mit der „Groupama“ ist er das höchstdekorierte Crewmitglied und soll das Botschafterboot für die Multi One Stiftung zur Bewahrung der Wasserressourcen nach vorne bringen.
Die Entscheidung aber erwarten alle fünf Navigatoren erst gegen Ende des zweiten Teils der Etappe. Denn die mittelfristige Vorhersage prophezeit für Mitte der Woche ein Hochdruckgebiet vor der portugiesischen Küste, das für schwache Winde sorgen soll. Es könnte ein ähnliches Finale geben, wie schon auf dem ersten Teilstück, als die sonst bis zu 40 Knoten (rund 75 km/h) schnellen Trimarane vor Dublin bei Flaute im Schritttempo um jeden Meter kämpften.
Der Zieleinlauf in Cascais wird am Mittwoch (12. September) erwartet. Nach den Stadtrennen von Portugal (14. bis 16. September) folgt am 17. September ein rund 24-stündiges Rennen „Rund Portugal“, mit Start- und Zielhafen Cascais, das wie eine Hochseeetappe gewertet wird. Am 20. September geht es weiter nach Marseille in Frankreich, wo ebenfalls City Races angesetzt sind, ehe Ende September das Finale nach Genua gestartet wird.
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