Aufbruch zu neuen Ufern

Wendepunkt. Seglerinnen und Segler, die sich für den Ausstieg aus dem olympischen Profi-Sport entscheiden, sind mit einer Reihe von spezifischen Herausforderungen konfrontiert. Judith Duller-Mayrhofer hat Experten gefragt, wie dieser Übergang gut gelingen kann

Schlussstrich. Lorena Abicht, die 2024 in Marseille als erste österreichische Surferin an Olympischen Spielen teilgenommen hat, gab offiziell das Ende ihrer Karriere im Hochleistungssport bekannt – eine Entscheidung, die sie sich nicht leicht gemacht hat

Schlussstrich. Lorena Abicht, die 2024 in Marseille als erste österreichische Surferin an Olympischen Spielen teilgenommen hat, gab offiziell das Ende ihrer Karriere im Hochleistungssport bekannt – eine Entscheidung, die sie sich nicht leicht gemacht hat

Früher oder später ist es bei jedem Profi soweit: Der Hut wird an den Nagel gehängt, die Karriere im Spitzensport beendet. Kein anstrengender Trainings- und strikter Ernährungsplan mehr, kein Leistungsdruck, keine Entbehrungen und keine körperlichen Beschwerden, dafür mehr Flexibilität sowie Zeit für Freunde und Familie. Was für Außenstehende primär nach Erleichterung und Entlastung klingt, wird von den Betroffenen durchaus nicht nur positiv wahrgenommen. Studien zeigen, dass beinahe die Hälfte der Athleten in der ersten Zeit nach ihrem Ausstieg aus dem Hochleistungssport angibt, dass ihr subjektives Wohlbefinden gesunken ist – Loslassen ist nicht leicht … Haben externe Faktoren wie Verletzung, Mangel an Erfolg oder fehlende Vertragsverlängerung das Ende der Karriere eingeläutet, fällt die Anpassung an die neue Situation besonders schwer, aber selbst wenn die Entscheidung aufzuhören wohlüberlegt und aus freien Stücken getroffen wurde, sind emotionale Schwankungen in dem darauffolgenden Prozess nicht ungewöhnlich.

„Den meisten fehlt zunächst einmal die Struktur, und zwar sowohl was den Tag, die Woche oder das Jahr betrifft“, nennt Björn Krenn, Sportpsychologe des Österreichischen Segel-Verbands, einen wichtigen Faktor in diesem Geschehen. „Denn Profis sind es gewohnt, zwischen Training und Wettkampf in einem eng getakteten Rhythmus zu leben und genau definierte Ziele anzustreben. Wenn es das nicht mehr gibt, müssen viele erst lernen, ihre Zeit sinngebend zu gestalten, und neue Routinen finden.“ Aber auch der Verlust an sozialer Anerkennung und gesellschaftlichem Stellenwert kann frischgebackene Sport-Pensionisten hart treffen, zudem steht die Aufgabe an, eine neue, sich nicht auf sportlichen Erfolg beziehende Identität zu entwickeln und diese in die eigene Persönlichkeit zu integrieren. „Da bildet sich auf mehreren Ebenen eine Leere und die gilt es zu füllen“, fasst Krenn die anstehenden Aufgaben zusammen. Gelingt das unzureichend, nimmt die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von psychosozialen Störungsbildern oder Suchterkrankungen zu. Speziell Alkohol stelle eine Gefahr dar, so Krenn, weil er in Österreich so niederschwellig verfügbar und der Konsum so weit verbreitet sei.

Hilfreich ist laut einschlägiger Forschung hingegen soziale Unterstützung: „Da ist die Studienlage ganz eindeutig“, erklärt Krenn, „wer zugewandte Menschen um sich hat, die nicht oder zumindest nicht nur im Leistungssport verortet sind, tut sich wesentlich leichter.“ Allerdings haben gerade Seglerinnen und Segler bei diesem Thema aufgrund ihrer hohen Reisetätigkeit eher schlechte Karten: „Wenn du 260 Tage im Jahr unterwegs bist, stellt es eine große Herausforderung dar, soziale Kontakte außerhalb der Segel-Community aufrecht zu erhalten“, bringt es Krenn, der das OeSV-Nationalteam seit mehr als zehn Jahren begleitet und betreut, auf den Punkt, „und je länger du diese Art von Leben lebst, desto schwieriger wird es. Wenn du dann auf einmal nicht mehr zum Zirkus gehörst, hast du auch keine soziale Teilhabe mehr und das tut weh.“

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