Feierlaune in Frankreich
Erfolgsmeldung. Bei der Olympic Last Chance Regatta vor Hyères sicherte sich Österreich zwei weitere Quotenplätze, zeitgleich ging die interne Qualifikation in den Klassen 49er und Nacra17 zu Ende. Das OeSV-Team ist damit komplett – und bestens aufgestellt
In zehn Segelbewerben wird ab 28. Juli vor Marseille um Edelmetall gekämpft, sechs davon gehen mit österreichischer Beteiligung über die Bühne – eine bemerkenswerte, auch international beachtete Ausbeute für ein kleines Binnenland. Ermöglicht wurde dieser Erfolg primär durch den enormen Einsatz der Athletinnen und Athleten, er basiert aber auch auf den speziellen Qualitäten des Verbands. Seit jeher steht im OeSV die kompromisslose Fokussierung auf den Spitzensport an oberster Stelle, gleichzeitig schreibt man Individualisierung und maßgeschneiderte Unterstützung ganz groß. Über den Kamm geschoren wird also nicht im Alpenland, stattdessen zugehört und flexibel reagiert. Und diese Einstellung hat wieder einmal Früchte getragen.
In drei Klassen gelang die Qualifikation gleich im ersten Anlauf, nämlich im August 2023 bei der gemeinsamen WM vor Den Haag. Lara Vadlau und Lukas Mähr (470er, Porträt in YR 8/23) waren damit mangels ebenbürtiger Konkurrenz aus dem eigenen Land als Fixstarter für die Spiele gesetzt, gleiches galt für Valentin Bontus (Porträt in YR 3/24), der in Österreich im Formula Kite allein auf weiter Flur agiert. Das Langzeit-49er-Duo Benjamin Bildstein und David Hussl, das in Den Haag ebenfalls reüssierte, sowie die neuformierte Paarung Tanja Frank und Lukas Haberl mussten sich hingegen nach dem Lösen ihres Tickets einer internen Ausscheidung stellen, die erst Mitte Mai zu Ende ging.
Die allerletzten Quotenplätze vergab der Weltsegelverband Ende April bei der Olymipc Last Chance Regatta vor Hyères.Sie wurde als Parallelevent zur traditionellen Semaine Olympique Française ausgetragen, startberechtigt waren ausschließlich jene Nationen, die noch um ein Ticket ritterten.
Formula Kite Frauen: Ende gut, alles gut
Die größten Chancen auf ein solches Ticket wurden innerhalb des Austro-Teams Alina Kornelli zugeschrieben. Die 24-Jährige hatte davor die Quali-Kriterien jeweils nur ganz knapp verpasst und war zudem von Verletzungen ausgebremst worden; so hatte sie sich wenige Monate vor der WM in Den Haag einen Bänderriss im Knie zugezogen und musste die Regatta stark gehandicapt bestreiten. In Hyères ging sie hingegen topfit, maximal motiviert und voller Selbstvertrauen an den Start – und machte den Sack prompt zu.
In der erstmals unter den sieben Ringen ausgetragenen Kite-Disziplin, bei der ein foilendes Board mit einem Maximal-Speed von unglaublichen 40 Knoten um den Kurs gejagt wird, geht also eine junge Frau unter rot-weiß-roter Flagge an den Start. Begonnen hat Alina Kornelli, deren Vater ein sehr erfolgreicher Windsurf-Profi war, mit Freestyle und Big Air, 2018 nahm sie an den Youth Olympic Games teil, 2019 holte sie im Slalom EM-Silber sowie den Sieg in der Gesamtwertung. Damals allerdings für Deutschland, denn geboren und aufgewachsen ist die vielseitige Sportlerin in der Nähe von Bad Tölz, Bayern. Doch dank ihrer österreichischen Mutter verfügt sie über eine Doppelstaatsbürgerschaft und entschied sich im Herbst 2021 für eine Olympiakampagne unter dem Dach des OeSV. Hier fühle sie sich persönlicher und individueller betreut sowie insgesamt besser aufgehoben, begründete sie diesen Schritt. Den sie in Folge nicht bereuen musste: „Ich bin mit offenen Armen im Team aufgenommen worden“, erinnert sie sich genau an ihren Neuanfang, „und habe von der Unterstützung durch den OeSV enorm profitiert.“ War Kornelli bislang eine Einzelkämpferin gewesen, die sich um alles selbst gekümmert hatte, konnte sie nun auf die Strukturen eines Verbandes mit jahrzehntelanger Erfahrung zurückgreifen. Es gab einen Trainingsplan, Hilfe bei organisatorischen Angelegenheiten sowie bislang unbekannte Möglichkeiten wie sportpsychologische Betreuung oder einen Fitness Coach. „Alleine die Tatsache, dass mich ein Trainer mit Boot begleitet und angeleitet hat, war eine neue Dimension für mich. Das hat viel mehr Stunden auf dem Wasser und eine ganz andere Trainingsqualität ermöglicht“, kann sie sich noch heute über den Quantensprung in ihrem Übungsalltag freuen. Umgekehrt habe sie die Einbindung in das System OeSV ein Stück ihrer gewohnten Autonomie und Selbstbestimmung gekostet, gibt sie unumwunden zu, und daran habe sie sich erst gewöhnen müssen. „Aber ohne den vielfältigen Input des Verbands hätte ich in dieser kurzen Zeit mein Niveau nicht so in die Höhe schrauben können und die Quali nicht geschafft“, ist sich Kornelli sicher. Dass sie ihr Ticket erst ganz zum Schluss lösen konnte, empfindet sie nicht als Nachteil: „Ich habe in den vergangenen Monaten konsequent mein Ding durchgezogen, all meine Zeit investiert und in jedem Bereich das Maximum rausgeholt. Wäre ich schon fix qualifiziert gewesen, hätte ich es genauso gemacht, und vielleicht habe ich durch diesen permanenten Druck sogar noch mehr aus mir herausgeholt.“