Ohne Fehl und Tadel

Bestmarke. Charlie Dalin wurde seiner Favoritenrolle mehr als gerecht. Er zeigte eine in jeder Hinsicht makellose Leistung und gewann das Solo-Rennen um die Welt in einer neuen Fabelzeit

Rekordleistung. Charlie Dalin, hier bei seiner Ankunft in Les Sables-d’Olonne, benötigte exakt 64 Tage, 19 Stunden und 22 Minuten, um den Globus zu umsegeln. Damit blieb er deutlich unter der bisherigen Bestzeit

Rekordleistung. Charlie Dalin, hier bei seiner Ankunft in Les Sables-d’Olonne, benötigte exakt 64 Tage, 19 Stunden und 22 Minuten, um den Globus zu umsegeln. Damit blieb er deutlich unter der bisherigen Bestzeit

Im Westen leuchtet tief am Horizont der volle Mond, im Osten malt die Morgendämmerung zarte Rosatöne an den Himmel. Der Wind ist leicht und stetig, die Temperatur knapp unter dem Gefrierpunkt, die Stimmung pure Magie. In dieser unwirklich anmutenden Szenerie, die sich ein Holly­wood-Regisseur nicht besser hätte ausdenken können, hält Charlie Dalin auf Les Sables-d’Olonne zu. Vor dieser Hafenstadt hat er das Rennen am 10. November begonnen, indem er sich bei Flaute im Zeitlupentempo über die Linie schob. Dass er es in weniger als 65 Tagen beenden würde, schien damals undenkbar, lag die Bestmarke, aufgestellt im Jahr 2017, doch bei 74 Tagen. Doch Dalin segelte in Folge das Rennen seines Lebens und sollte diesen Rekord pulverisieren. Nun bereitet er die letzte Wende vor, geht auf Backbord-Kurs und kann das Ziel anliegen. Seine Yacht hat alle Ozeane überquert, die großen Kaps passiert, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von exakt 17,79 Knoten beinahe 28.000 Seemeilen zurückgelegt – und sieht aus, wie aus dem Ei gepellt. Rumpf, Segel und Foils wirken wie neu, nicht einmal grobe Abnutzungserscheinungen lassen sich erkennen. Auch Dalin sind die Strapazen der vergangenen Monate nicht ins Gesicht geschrieben, in seinen Zügen ist vor allem Erleichterung und Freude zu lesen. Der 40-Jährige, der als ruhig und zurückhaltend gilt, scheint im Moment seines größten Triumphs nicht so recht zu wissen, wie er seinen Emotionen Ausdruck verleihen soll. Ruhelos geht er an Deck auf und ab, reckt immer wieder die geballten Fäuste gen Himmel. Mal lässt er sich stehend ins Großsegel fallen, mal legt er sich flach auf den Rücken und schließt die Augen. Bei der letzten Vendée Globe vor vier Jahren ging Dalin ebenfalls als Erster über die Ziellinie, den Sieg trug aber ­Yannick Bestaven davon, der sich an der Rettungsaktion eines schiffbrüchigen ­Kollegen beteiligt und dafür eine Zeitgutschrift zugesprochen bekommen hatte. Diesmal kann und wird niemand Charlie Dalin Platz eins streitig machen. Um 7:24 Uhr macht er den Sack zu und damit einen lang geträumten Traum wahr.

Genialer Stratege

Es ist ein Sieg, an dem es nichts zu rütteln gibt. Dalin traf in jeder Phase des Rennens die richtigen Entscheidungen – auch und vor allem lange vor dem Start. Seine Yacht Macif, benannt nach einem Versicherungskonzern und konstruiert von Guillaume Verdier, erwies sich als perfektes Sportgerät für diese Regatta um die Welt. Dalin brachte sich sehr intensiv in die Design-Findung ein, ließ seine gesammelten Erfahrungen vom letzten Mal einfließen und setzte auf ein Konzept der Kompromisse. Er optimierte seine Yacht weder für den Southern Ocean noch für die typische Atlantikwelle, sondern ertüftelte eine Konstellation, die bei allen Bedingungen ausreichend gut performte. Dass die tatsächlichen Verhältnisse diesmal vergleichsweise moderat waren, vor allem im Südmeer, spielte ihm zusätzlich in die Karten; das war so nicht vorhersehbar und fällt wohl unter das Glück des Tüchtigen.

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