Boris Herrmann sticht wieder in See
Der Deutsche jagt auf „IDEC Sport“ den Jules-Verne-Rekord, Fernziel ist die nächste Vendée Globe
Beim Start der Vendée Globe Regatta 2016/17 im französischen Hochseemekka Les Sables d’Olonne hat er sich sein Traumziel noch einmal direkt vor Augen geführt und die Weichen für 2020 gestellt. Denn bei der neunten Auflage der härtesten Segelregatta der Welt in vier Jahren will Boris Herrmann als erster Deutscher überhaupt endlich dabei sein. Die Kampagne bereitet der 35-jährige Hamburger mit seinem Segelfreund Pierre Casiraghi (29), ältester Sohn von Prinzessin Caroline von Monaco, unter dem Stander des Yacht Club de Monaco (YCM) vor. Das Boot dazu, ein moderner, 18 Meter langer Open 60 der IMOCA-Klasse von 2015, hat der Stuttgarter Immobilienunternehmer Gerhard Senft bereits gekauft. Kurzfristig jagt Herrmann jedoch erneut die Jules Verne Trophy. Mit der internationalen Crew des Dreirumpfboots „IDEC Sport“ will er den Rekord rund um die Welt brechen.
„Der Start des aktuellen Vendée-Rennens am 6. November war quasi auch der offizielle Beginn unseres Projekts“, sagt Herrmann, der im Stillen seit langem seine Teilnahme bei der berühmten Einhand-Regatta vorbereitet. Mit dem vielfältigen, umtriebigen Geschäftsmann Casiraghi aus dem monegassischen Fürstenhaus bekam das Vorhaben starken Rückenwind. Der Topsegler und YCM-Vizepräsident ist Skipper und Steuermann des gemeinsamen Teams „Malizia“, mit dem sie erfolgreich an der GC32 Racing Tour teilnahmen. Bei ihrer Premiere auf dem Zehn-Meter-Katamaran, der auf Tragflächen (Foils) übers Wasser fliegt, landeten sie auf Anhieb im Mittelfeld und wurden zweitbestes, vom Eigner selbst gesteuertes Boot
Auch die Hochseekampagne läuft unter dem Namen Team Malizia. „Das IMOCA-Projekt hat großes Potential und wird unsere Fans und Partner gleichermaßen durch Erfolge begeistern“, so Pierre Casiraghi in Monaco. Und weiter: „Boris hat das Zeug, die Vendée Globe sogar zu gewinnen. Davon bin ich fest überzeugt.“ Die vom passionierten Segler Gerhard Senft erworbene Yacht, deren Name bis zum Ende des laufenden Rennens noch nicht genannt werden darf, wurde voriges Jahr gebaut und gehört bereits zur Generation der foilenden Open 60. Das heißt, sie ist mit Tragflächen ausgerüstet, die bei mittleren bis starken Winden einen erheblichen Geschwindigkeitsvorteil bringen, indem sie das Boot teilweise aus dem Wasser heben.
„Als die 29 Solosegler diesmal die Linie überquerten, hatte ich schon richtig Herzklopfen“, gestand Boris Herrmann nach seiner Stippvisite im Start- und Zielort der Vendée Globe, wo 350.000 Zuschauer für eine atemberaubende Kulisse sorgten. Damit ist die Regatta der größte Sportevent Frankreichs und genießt Weltruf. „Zum einen wäre ich am liebsten selbst schon aktiv dabei gewesen“, so der Segelprofi weiter, „zum anderen weiß ich aber, dass es einer gründlichen Vorbereitung bedarf und kurzfristig auch noch andere große Herausforderungen auf mich warten.“
Der Vendée-Startschuss von seiner königlichen Hoheit Prinz Albert II. von Monaco hatte für Boris Herrmann besondere Symbolkraft. Denn als Sportmitglied im hochangesehenen Yacht Club de Monaco des Fürstentums hat der geborene Oldenburger neben dem Norddeutschen Regatta Verein (NRV) in seinem Wohnort Hamburg und dem Zwischenahner Segelklub (ZSK) eine neue seglerische Heimat gefunden. Der YCM unterstützt auch die IMOCA-Kampagne maßgeblich. Mit weiteren Sponsoren soll das Budget gedeckt werden. Geplant sind bereits ab 2017 jede Saison währendd der Vier-Jahres-Kampagne zwei Transatlantikregatten, darunter auch Zweimann-Hochseerennen des Duos Herrmann/Casiraghi sowie Auftritte mit dem Schiff in Deutschland, zum Beispiel zur Kieler Woche und zum Hamburger Hafengeburtstag.
Zunächst einmal gilt die volle Konzentration jedoch der Jules Verne Trophy. Im zweiten Anlauf will Herrmann an Bord des 31,50 Meter langen Trimarans „IDEC Sport“ den globalen Streckenrekord über mindestens 22.000 Seemeilen (mehr als 40.000 Kilometer) brechen und damit schnellster Segler der Welt werden. Vor einem Jahr hatte das Team um Skipper Francis Joyon aus Frankreich die Bestmarke von 45 Tagen und knapp 14 Stunden nur um zwei Tage verfehlt, weil die Wetterlage auf dem Südatlantik auf der Rückreise einen Strich durch die Rechnung machte. Bis dahin hatte die sechsköpfige Crew bei den Zwischenzeiten bewiesen, dass in dem Hightech-Trimaran das erhoffte Rekordpotential steckt.
„Wir haben die Segelgarderobe verbessert und den Spritzschutz an den Steuerständen, um noch mehr aus der Rennziege herauszuholen“, erklärt der deutsche Navigator, der „noch eine Rechnung offen“ habe. Die Pläne für einen erneuten Rekordversuch seien bereits vor dem Zieleinlauf geschmiedet worden. Mit der Erfahrung von 2015, als es am 22. November losging, und derselben Mannschaft soll die „Banque Populaire V“ entthront werden, die unter Loïck Peyron 2012 die Messlatte legte.
Anders als im Vorjahr wird es diesmal keinen Zweikampf um die Jules Verne Trophy geben. Die 40 Meter lange „Spindrift“, vormals das Rekordboot, startet keinen neuen Angriff. Herrmann: „Das dürfte ein weiterer Vorteil sein, da wir uns nun ganz und gar auf den eigenen Weg konzentrieren können und keine Vergleiche ziehen werden.“
Bereits Mitte dieser Woche galt der „Code Orange“, ein günstiges Windfenster für die ersten zehn Tage öffnet sich. Weiter lässt sich eh nicht zuverlässig vorausschauen, dann kommt auch der Faktor Glück ins Spiel. Heute früh sollte der Hamburger nach Brest fliegen. Bereits am Wochenende könnte die Hatz an der imaginären Startlinie zwischen dem Leuchtturm Le Créac’h auf der französischen Insel Ushant gegenüber vom Lizard Point in Cornwall/Südengland beginnen. Es wird bereits die vierte Weltregatta für Boris Herrmann sein, der seine Karriere mit der Vendée Globe 2020/21 krönen will. Der Verlauf ist im Internet auf dem Race Tracker unter borisherrmannracing.com und in den sozialen Medien unter #borisherrmannracing live zu verfolgen.