Clubswan 36
Die neue Einheitsklasse der finnischen Edelwerft Nautor hebt das Regattasegeln auf ein neues Niveau und stellt auch Profis vor interessante Herausforderungen
Mitte Jänner wurden auf der boot in Düsseldorf Europas Yachten des Jahres gewählt; in der Racer-Kategorie traten Clubswan 36, Dehler 30 od und J/99 gegeneinander an. Nach einem kurzen Video von den Testfahrten vor Port Ginesta herrschte gespannte Stille am Branchenabend im Congress Center Ost. Die Werftchefs aller drei Kandidaten rechneten sich Chancen auf den begehrten Award aus. Doch bekanntlich kann es nur einen Sieger geben und der hieß Dehler 30 od. Das aus rund 15 Leuten bestehende Entwicklungsteam um „Kalle“ Dehler stürmte jubelnd die Bühne, Nautor-Chef Leonardo Ferragamo verließ sichtlich enttäuscht den Saal. Doch am Ende war auch für ihn alles gut: Die Clubswan 36 holte den Preis für die innovativste Yacht, der Mitarbeiterstab den Chef zurück in die Halle – Friede, Freude Eierkuchen, auch für CEO Giovanni Pomati, Vizepräsident Enrico Chieffi und Konstrukteur Juan Kouyoumdjian.
Die Inspiration zur Clubswan 36 holte man sich von der 1967 entwickelten Swan 36, dem ersten Racer/Cruiser der Werft, der bei der Cowes Week 1968 alle Wettfahrten gewonnen hatte. 90 Einheiten wurden von diesem Modell gebaut, was für die Clubswan 36 ein guter Richtwert sein könnte.
Radikaler Ansatz
Nautor engagierte mit dem Argentinier Juan Kouyoumdjian einen Konstrukteur, der viel Erfahrung mit Einheitsklassen wie Open60 oder Volvo-Ocean-Racer hat. Die Clubswan 36 ist als reinrassiger Racer für Kurz- und Mittelstreckenregatten konzipiert. Der Epoxy-Rumpf mit Karbonverstärkungen hat ein flaches Unterwasser mit vom Heck bis zum Bug verlaufenden Hardchines und ein extrem niedriges Freibord. Zentrales Element ist das halbkreisförmige C-Foil, das sich über ein Leinensystem unter Zuhilfenahme einer Winsch jeweils in Lee absenken lässt. Es soll das Boot nicht zum Fliegen bringen, sondern an der Kreuz die Abdrift verringern und die Zielgeschwindigkeit nach Luv verbessern. Außerdem erhöht es den Auftrieb, was zu einer Verringerung der benetzen Fläche führt. Das bringt geringeren Reibungswiderstand und damit mehr Geschwindigkeit. Auf der Kreuz wird das Foil ab sechs Knoten Wind ausgefahren. Je stärker Wind und Krängung, desto größer der Lift: Der Bug wird angehoben, was speziell im Rauwasser Vorteile bringt, weil das Boot insgesamt leichtfüßiger segelt. Angenehmer Nebeneffekt ist die Erhöhung des aufrichtenden Momentes durch das Foil. Auf der Raumen wird das Foil nur zur Hälfte ausgefahren, das Prinzip ist aber ähnlich: Die Bugpartie hebt sich aus dem Wasser, das Boot gleitet schneller an und beeindruckt mit behänder Gangart auch in rauer See.
Gesteuert wird die 36er über eine Doppelruderanlage. Die Ruderblätter sind per Gestänge miteinander verbunden, über dieses lässt sich – je nach zu erwartenden Windbedingungen – auch der Anstellwinkel der Ruder verstellen. Die Ruderblätter sind als sogenannte Buckelruder ausgeführt, deren Form den Brustflossen der Buckelwale nachempfunden ist; das soll den Strömungsabriss verhindern.
Sehr speziell ist auch der 2,75 m tiefgehende Kiel, dessen Bombe nicht mittig montiert, sondern nach achtern verschoben ist. Laut Kouyoumdjian hat das folgenden Effekt: Je stärker die Krängung, desto mehr twistet die Kielfinne infolge der asymmetrischen Gewichtsverteilung, wodurch ein Lift nach Luv erzeugt wird.