Alaska
Claudia und Jürgen Kirchberger über das Segeln im Prince William Sund
40.000 Quadratkilometer Wasser liegen vor unserem Bug. Eine Welt zwischen tiefen Fjorden und einsamen Inseln. Die Küsten sind wild und schwer zugänglich, die See ist eisig, aber voller Leben. Wir haben eines der schönsten Segelreviere der Welt erreicht – vor uns erstreckt sich Alaskas Prince William Sund.
Langsam, ganz langsam bewegt sich La Belle Epoque vorwärts, fängt die Brise in ihren Leichtwind-Segeln und schiebt sich über die glatte Fläche des Sunds. Plötzlich tauchen schwarze Schatten aus dem Wasser und wir hören vertraute Klänge. Gischtwolken brechen das Sonnenlicht und zaubern die schönsten Regenbögen in die Luft. Ganz nahe lassen uns die Buckelwale heran. Auf der Suche nach Futter drehen sie ihre Kreise und tauchen nach einigen tiefen Atemzügen zurück in die Tiefe.
Die nieder über den Hängen stehende Sonne malt sanfte Pastelltöne auf den Himmel, als unsere Ankerkette in der Foxfarm Bay ausrauscht. Wir stellen den Motor ab, winzige Wellen plätschern an den Rumpf. Im Wald südlich von uns ertönt der Schrei eines Weißkopfadlers. Ein Seeotter hämmert eine Muschel gegen den Stein auf seinem Bauch und schmatzt genüsslich. Sonst ist es still. Wir bleiben im Cockpit, bis uns die abendliche Kälte in die Kajüte vertreibt. Das Heulen der Wölfe begleitet uns in den Schlaf.
Frühmorgens lassen wir das Beiboot zu Wasser und machen uns auf zum Ufer. Es ist schön hier. Entlang der Hochwasserkante am schwarzen Schotterstrand hat sich das Schilf vom Vorjahr zu einem weichen Teppich formiert. Immer noch reichen einzelne Schneefelder bis ans Ufer.
Mannshohes Gestrüpp hinter dem Strand macht es uns nicht leicht in den dichten Nadelwald zu gelangen, wo die Kraft der Sonne den Schatten weichen muss. Dichtes Moos bedeckt in weichen Polstern den Boden, abgestorbene Bäume versperren uns immer wieder den Weg. Wie im Märchen. Der Waldstreifen ist nicht breit, bald erreichen wir die Außenküste der Insel. Die Sonne spiegelt sich im Meer, beleuchtet die entfernte Bergkette von Alaskas Festland. In unendlicher, beruhigender Gleichmäßigkeit rollt die Dünung, der Atem des Meeres, heran. Die dunklen Felsen am Ende des Strandes sind aufgewärmt und laden zur Rast ein. Wir machen eine Pause, trinken frisches Quellwasser, das aus dem Stein sickert, und bestaunen den Felsbogen, den das Meer aus dem Berg gewaschen hat. Noch am selben Nachmittag lichten wir den Anker. Doch wir kommen nur langsam voran, der leichte Wind bleibt nicht konstant. Wir segeln, treiben, motoren. Vor dem Wind, am Wind, ohne Wind. Wir versuchen zu ?schen und lachen über die neugierigen Robben, die uns aus sicherer Entfernung beobachten. Die großen Gletscher im Norden des Sunds sind die Ursache für diese unsteten Bedingungen. Ihre Kälte erzeugt ein konstantes Hochdruckgebiet und hält die starken Frühlingswinde, die im Golf von Alaska wehen, von uns fern. Unsere Route soll zur ersten großen Gletscherzunge führen, die ihr Jahrtausende altes Eis direkt in den Sund kalbt. Doch wir sind zu früh in der Saison. Die Fjorde sind immer noch mit einer soliden Eisdecke bedeckt, es gibt kein Durchkommen. Doch so schnell geben wir nicht auf. Vorsichtig steuere ich La Belle Epoque zur Eiskante und Jürgen lässt den Anker auf solides Eis fallen.
Faszination Gletscher
Mit Ketten und Leinen sichern wir unser Boot an einer Stelle, an der unser Echolot immer noch knappe zweihundert Meter Wasser unterm Kiel zeigt. Das Wetter bleibt ruhig – wir können einen Aus?ug zum Gletscher wagen. Zur Sicherheit schleppen wir unser Dingi mit. Ohne Beiboot wollen wir nicht über das Eis laufen, es ist zu gefährlich. Sollte einer von uns einbrechen ohne sich festhalten zu können, würde die Strömung den Unglücklichen sofort unters Eis ziehen und für immer verschlucken.
Den gesamten Artikel lesen Sie in der Yachtrevue 11/2014!