Gelenkt und geleitet
Die alleinige Schiffsführung traute sich Wiedereinsteiger Gert Edlinger nicht zu, also ließ er sich von einem Profi-Skipper durch die Kornaten schippern – eine Entscheidung, die er nicht bereute
Ja, ich war schon mal auf einer Yacht. Nach der Matura, während des Studiums und knapp danach. Ich besitze sogar ein Küstenschiffpatent, allerdings aus der Zeit der Blitzverfahren im ehemaligen Jugoslawien; tausche Führerschein gegen Geld … Man könnte auch sagen: Ich habe wenig Ahnung vom Segeln.
Und trotzdem mache ich gemeinsam mit meiner Frau sowie einem befreundeten Ehepaar Urlaub auf dem Wasser – denn wir haben uns für einen Törn mit Skipper entschieden. Unserer heißt Mitch, ist ein bulliger, mit stoischer Ruhe gesegneter Kroate, der uns alles geduldig erklärt und praktischerweise beim Vercharterer angestellt ist. Nur ganz zu Beginn kann er sich ein Kopfschütteln nicht verkneifen. Vor lauter Vorfreude sind wir nämlich drei Stunden zu früh in Biograd, unserem Ausgangs- und Zielhafen eingelangt und beginnen voll Elan unser Boot zu beladen. Die Männer schleppen Getränke aller Art in unglaublichen Mengen vom Parkplatz an Bord, die Damen verstauen die Volumina mit größter Akribie unter dem Boden der am leichtesten erreichbaren Fächer. Also ausschließlich links, in Küchennähe, nicht aber rechts unter dem Tisch. Das tun sie so lange, bis unser Boot einen leichten Seitenschlag hat. Eine reife Leistung, denn wie Christian später über das bordeigene WLAN recherchiert, hat unsere nagelneue Bavaria Cruiser 51 ein Leergewicht von etwa 15,5 Tonnen.
„Wohin soll die Reise gehen?“, fragt Mitch. Das ist uns eigentlich egal. Wichtig sind uns möglichst abgelegene Orte und Inseln, ausgedehnte Badestopps, gute Restaurants und natürlich Sicherheit. Was wir gar nicht brauchen: Stress und Hetze. Wir wollen zwar segeln, aber nicht im Morgengrauen aufbrechen um möglichst viele Meilen zu schinden. Und Kochen an Bord muss auch nicht sein. Mitch nimmt unsere Anliegen wohlwollend nickend zur Kenntnis und scheint sich darüber zu freuen, dass auch für ihn angenehme Tage anstehen. Die Bootsübernahme (und später auch die -rückgabe) dauert keine 15 Minuten, schließlich gehört Mitch zur Firma und ist voll versichert; der erste Vorteil eines Profi-Skippers. Schon tuckern wir gemütlich und de facto ohne die von uns mit großer Euphorie angebotene Hilfe aus der Marina in Biograd Richtung Insel Zut.
Mitch ist offensichtlich der beste Freund von sämtlichen Bojen- und Restaurantbesitzern an den von uns angelaufenen Zielen und das erweist sich als weiterer großer Vorteil. Wir schreiben Anfang Juli, es ist Hauptreisezeit und die besten Plätze in den schönsten Buchten sind spätestens um 14 Uhr vergeben. Um genau die Zeit wollen wir Langschläfer aber segeln. Deshalb ruft Mitch stets ein bis zwei Tage vor Ankunft in der jeweiligen Konoba an und lässt seine Kontakte spielen.
Den ersten Abend verbringen wir in der Bucht Sabuni an der Nordost-Küste von Zut. Die Konoba Zmara ist erstklassig – so wie alle anderen Restaurants, die wir im Laufe der Woche besuchen werden. Schon die Vorspeisenplatte straft das Vorurteil Lügen, dass die Kroaten zwar im Fußball, nie aber in der Küche mit den Italienern auf Augenhöhe agieren können. Tatsächlich steht das kulinarische Angebot Dalmatiens jenem in Italien in nichts nach und ist preislich sogar günstiger. Wir haben nirgendwo Fisch ausgelassen und am Ende des Tages immer rund 55 Euro pro Person für alle Speisen und Getränke bezahlt.
Mitch schlägt eine Route vor, die uns von Zut weiter nach Kaprije bis zu den Krka-Wasserfällen bringen soll. Am Rückweg werden wir die Insel Kornat von Süden kommend entlang ihrer Westseite umrunden und dann nach Stopps auf den Inseln Dugi Otok und Pasman nach Biograd zum Pitter-Stützpunkt zurückkehren. Klingt nach einem guten Plan.
Unterschiedliche Bedürfnisse
Bereits bei der Vorbesprechung zu diesem Törn hat sich herausgestellt, dass in unserem Grüppchen Frauen und Männer unterschiedliche Ansprüche an unser schwimmendes Heim haben. „Viel Platz und unbedingt eine Außendusche“, verlangt Doris. Anita besteht auf einer Yacht, die nicht älter als ein Jahr und innen keinesfalls abgenutzt wirken darf. Und Christian und ich interessieren uns vor allem dafür, ob es ein Radar und möglichst viele Knöpfchen zum Drücken gibt.
Nach Beendigung unserer zehntägigen Reise zeigt sich, dass wir Männer trotz stundenlangem Studium weder Wesen noch Funktion des Radars kapiert haben, dafür bietet das Boot deutlich mehr Platz als erhofft.