Im Reich der Pinguine
Die Österreicher Claudia und Jürgen Kirchberger, die seit einem Jahrzehnt auf eigenem Kiel zu den entlegensten Winkeln der Welt segeln, entdeckten auf den Falklandinseln ein raues Revier von ganz speziellem Zauber
Leichter Nebel verhüllt die Ostinsel der Falklands vor unseren Augen. Obwohl wir bereits in der Einfahrt zur großen Bucht von Stanley, Hauptstadt und Regierungssitz der Falklandinseln, segeln, erzählt nur die ruhig gewordene See vom nahen Land. Dann wird die Sicht etwas besser, ein paar Felsen, weiße Sandstrände und niedrige, baumlose Ufer tauchen auf. Ein kleiner Frachter liegt vor Anker.
Am Stadtanleger von Stanley wartet man bereits auf uns: Der Amateurfunker Bob und seine Frau Janet kümmern sich seit vielen Jahren um den kleinen Segelclub der Inselgemeinschaft und heißen Besucher herzlich willkommen. Auch die junge Zollbeamtin lässt nicht lange auf sich warten. Sie lacht über ihre eigene gute Laune und erzählt uns Geschichten aus dem Inselleben, während sie die Pässe stempelt und den Biomüll zur Entsorgung auf ihren Landrover lädt. Nur wenige Segelyachten verirren sich in die Inselgruppe, lässt sie uns wissen, hauptsächlich klariert sie Fischer und Kreuzfahrer ein. Ihr Lebenspartner ist ebenfalls Fischer, mehr als acht Monate lang ist er auf einem Kutter unterwegs, umrundet Jahr für Jahr auf der Jagd nach Tiefseefisch den antarktischen Kontinent, dessen Fischgründe zu den ergiebigsten der Welt zählen.
Dieser Reichtum – später auch die vor den Inseln entdeckten Ölvorkommen – hat den langjährigen Disput zwischen Argentinien und Großbritannien über die Staatszugehörigkeit der Inselgruppe im sturmgeplagten Südatlantik immer wieder angeheizt. Trauriger Höhepunkt der Streitigkeiten war zuletzt der Falklandkrieg Ende der 1980er-Jahre, der bis heute seine Spuren hinterlassen hat. Die Falklands sind übrigens in jeder Hinsicht schwer erreichbar: Wer von Europa aus nach einem Besuch der Falklandinseln die argentinische Küste anlaufen will, muss vorab Argentinien um Erlaubnis für den Abstecher zu den „Islas Malvinas“, wie sie von den Argentiniern genannt werden, bitten. Obwohl diese Regelung international nicht haltbar ist und Argentinien keinerlei Recht hat, den Tourismus auf den Falklands einzuschränken, müssen Yachtcrews mit erheblichen Geldstrafen rechnen, wenn sie sich nicht an diese Vorschrift halten.
Wir allerdings sind aus dem Süden angereist, Ushuaia liegt in unserem Kielwasser und es ist kein weiterer Zwischenstopp an der argentinischen Küste geplant. Dafür wollen wir uns umso mehr Zeit nehmen, um die zerklüftete Küste der britischen Inselgruppe genauer kennen zu lernen.
Als wahrhafter englischer Außenposten präsentiert sich Port Stanley: Rote Telefonzellen säumen die Straßen, Pubs werben für schales, englisches Bier, rechtsgesteuerte Landrover brummen gemächlich über die wenigen Straßen. Wer außerhalb von Stanley wohnt, verdient seinen Lebensunterhalt in der Regel auf einer der Schaffarmen. Wir verbringen einige Tage im Hafen, proviantieren Lebensmittel, füllen Trinkwasser- und Dieseltanks auf, wandern über die Hügel und verbringen einen Abend mit den Mitgliedern des Yachtclubs. Dann legt der stürmische Westwind eine kurze Pause ein. Zeit, unsere Inselumrundung zu starten!
Aufbruch im Morgengrauen
Wieder nehmen uns nasse, graue Schleier jede Sicht. Noch ist es früh am Tag, kein Lufthauch ist zu spüren. Gegen sechs Uhr haben wir die Leinen gelöst und laufen unter Motor aus der weitläufigen Bucht. Zum Trödeln haben wir keine Zeit. Neunzig Seemeilen liegen bis zur geplanten Ankerbucht vor dem Bug und der Wetterbericht warnt vor heftigen Westwinden in den frühen Morgenstunden der kommenden Nacht.
Bald zeichnet eine leichte Brise erste Muster auf die farblose Wasserfläche und die Segel gehen hoch.