Einst und jetzt
Mopelia, ein abgelegenes Atoll am westlichen Ende von Französisch-Polynesien,1995. Zeitalter ohne Plotter, Internet oder Apps. Wir hielten eine Papierseekarte mit vagen Tiefenangaben in der Hand und vertrauten darauf, dass wir mit unserer 9,50 Meter kleinen Susi Q die knifflige Einfahrt irgendwie schaffen würden. Anfangs lief alles gut, doch weiter drinnen, wo sich die Fahrrinne teilt, erwischten wir prompt die falsche, durch Korallen blockierte Abzweigung. Wolf riss die Pinne herum, Susi Q drehte viel zu langsam, die messerscharfe Riffkante kam verdammt nahe. Uiii, das war knapp. Also wieder retour und dem südlichen Kanal folgend hinein in die türkisfarbene Lagune. Und dann lag es vor uns. Das Paradies. Weiße, breite Strände mit überhängenden Palmen. Insgesamt drei Segelboote. Wir waren weit, weit weg von allem. Auch innerlich. Unsere Gedanken zappelten nicht. Wir waren mit Körper und Geist dort. In der Südsee.
2024. Mit erhöhtem Puls halten wir auf den Passe Taihaaru Vahine zu. Von weitem erkennen wir Tide Rips, weil Strom gegen Wind und Welle steht. Diesmal navigieren wir mit Navionics und Google Maps am Tablet. Die digitalen Karten stimmen auf den Meter genau. Satellitenbilder zeigen die großen Korallenköpfe, dennoch stehe ich vorne am Bug und halte akribisch Ausschau. Konzentriert steuert Wolf durch heftige Strömungswirbel, die Nomad immer wieder ausbrechen lassen. Wir ankern am selben Platz wie vor 29 Jahren. Vergleichen Fotos von damals mit der heutigen Realität. Was sofort ins Auge sticht: Das Meer holt sich immer mehr Land, unterspült die Ufer und die Wurzeln der Kokospalmen. Früher gab es eindeutig mehr Strand. Und weniger Boote. Zähle insgesamt zehn Segelyachten im Atoll. Aber wir vergeuden unsere Zeit weder mit geistigem Zappeln oder dem Zappen vor dem Bildschirm. Wir sitzen in einer zarten Nacht im Cockpit, über uns funkeln die Sterne in der Schwärze des Himmels, und die Milchstraße sieht tatsächlich aus wie eine Straße voller Milch. Auch 2024 sind wir eingetaucht ins Hier und Jetzt. In Mopelia. In der Südsee.