Über den Tellerrand
Der renommierte Industrie-Designer Gerald Kiska zeichnet für das Aussehen der neuen Sunbeam 32.1 verantwortlich. In Folge 2 unserer Serie spricht er über veraltete Dogmen, veränderte Erwartungen und verblüffende Lösungen
Was kann ein Segelboot von einem Motorboot lernen? Diese provokante Frage stellte Gerald Kiska an den Beginn der Zusammenarbeit mit Sunbeam Yachts. Sie kommt nicht von ungefähr: Der Produkt-Designer, der in seinem Studio in Salzburg-Anif über hundert Mitarbeiter beschäftigt, ein breites Spektrum an unterschiedlichen Dienstleistungen anbietet und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, hat bereits Erfahrung mit der Gestaltung von Motorbooten – Segelyachten sind hingegen Neuland für ihn. Genau diesen frischen, unverbrauchten Blick auf das Genre wusste der 62-jährige Visionär gemeinsam mit seinem Team zu nutzen. „Wir sehen uns als Anwalt des Konsumenten und forderten unsere Partner vehement auf, mit Traditionen zu brechen“, schildert er den radikalen Zugang, den sein Unternehmen in dieses Projekt einbrachte. Die zentrale These lautete: Der Kunde von heute hat ganz andere Erwartungen an ein Boot als noch vor ein paar Jahren und will dem Segeln nicht mehr alles unterordnen. Das von Kiska gestaltete Design orientiert sich daher nicht nur an den wenigen Stunden, in denen tatsächlich die Kraft des Windes genutzt wird. Es folgt vielmehr dem Anspruch, dass alle Menschen, die sich an Bord befinden, den gesamten Tag am Wasser so angenehm wie möglich verbringen sollen. „Die Sunbeam 32.1 will auch jenen vollen Genuss bieten, die nicht am Steuer stehen“, führt Kiska aus und kritisiert gleichzeitig, dass bis dato immer alles dem „Dogma der besten Segeleigenschaften“ unterstellt war. Diese Reihung der Prioritäten, so Kiska, entspräche aber weder der Bedürfnislage noch dem Verhalten der Nutzer und sei daher zu hinterfragen bzw. neu zu beleuchten.
Bei der Designentwicklung wurden daher drei zentrale Themenbereiche abgearbeitet: Was ist am Markt üblich? Was wird angeboten? Welche Szenarien sind darüber hinaus denkbar? In Folge stellte sich heraus, dass es die Hierarchien neu zu ordnen galt. So wurden etwa Komfort und Spaß viel stärker in den Fokus genommen. Bei seinem Auftraggeber stieß Kiska damit nicht immer auf uneingeschränkte Zustimmung. „Es gab eine vorgefasste Meinung, wie ein Boot auszusehen hat“, beschreibt er einen typischen Reibungspunkt „wir mussten Grenzen neu ausloten, manchmal auch Mauern niederreißen. Aber weder die Yachtarchitekten von J&J Design noch die Schöchls waren Spaßbremsen. Im Gegenteil: Wir konnten gemeinsam eine Euphorie erzeugen, die das Projekt famos befeuerte.“
Anders als die anderen
Der Kreativität der Kiska-Crew ist es zu verdanken, dass das Design der Sunbeam 32.1 in vieler Hinsicht überrascht. Unter anderem wollte man mehr als eine Erlebniszone auf der Yacht schaffen und damit Genuss für die gesamte Familie ermöglichen. Kiska bezeichnet das als den „möglicherweise wichtigsten Erkenntnistransfer aus dem Motorboot-Bereich“.