Hanse 460
Die Hanse 460 wurde völlig zu Recht zu Europas Yacht des Jahres gewählt, das französische Ehepaar Racoupeau hat zu diesem Erfolg wesentlich beigetragen
Ende Jänner heimste die Hanse 460 bei der Wahl zu Europas Yacht des Jahres den Sieg in der Kategorie Fahrtenyachten ein. Die Verleihung dieser wichtigsten Auszeichnung der Branche war für die Hanse Group von besonderer Bedeutung: Die Hanse 460 war nicht – wie seit Jahrzehnten üblich – von Judel/Vrolijk & Co. gezeichnet worden, sondern von Berret-Racoupeau aus La Rochelle, die sich in einem erstmals durchgeführten Designwettbewerb durchgesetzt hatten. Dem französischen Duo gelang es, unter Beibehaltung der typischen Hanse-DNA ein revolutionäres Rumpfkonzept zu entwickeln, das hinsichtlich Design, Platzangebot und Segelleistung zu überzeugen wusste.
Ungebremstes Wachstum
Kaum zu glauben, aber wahr: Der Rumpf der Hanse 460 ist mit 4,79 m um 30 Zentimeter breiter als die Rümpfe der Mitbewerber Bavaria C45, Oceanis 46.1 und Sun Odyssey 490. Lediglich die ebenfalls nagelneue und bei den EYOTY-Seatrials knapp unterlegene Dufour 470 spielt in der selben Liga. Offenbar irrten sowohl Konstrukteure wie Fachjournalisten, als sie vor rund drei Jahren das Breitenwachstum am Zenit sahen.
Der große Hüftumfang hat in der Praxis gravierendere Auswirkungen, als es die blanken Zahlen vermuten lassen. Die Hanse 460 verjüngt sich nach achtern hin kaum, auch der Bug ist extrem voluminös und dementsprechend groß das Platzangebot. Das müsse auch so sein, betonte Olivier Racoupeau im Zuge der Testfahrten, andernfalls würde die Yacht nicht ausbalanciert segeln. Laut Racoupeau sind die Hardchines im Vorschiffsbereich für eine optimale Verteilung des Volumens über der Wasserlinie notwendig, gleichzeitig sorgen diese für eine deutlich wahrnehmbare Lebendigkeit am Wasser. Der verschlankte Bereich unterhalb der Chines soll weiches Einsetzen in die Wellen und gutes Rauwasserverhalten bewirken sowie die benetzte Fläche gering halten, was wiederum den Leichtwindeigenschaften zugute kommt. Auch bei der Gestaltung des Hecks wurde auf das Verkleinern der benetzten Fläche geachtet: Racoupeau nahm Abstand von einem flachen U-Spant und Hardchines, setzte stattdessen auf einen extrem stark verjüngten Unterwasserbereich und ließ die Yacht erst deutlich über der Wasserlinie richtig breit werden. Das Design erinnert stark an moderne, ORC-optimierte Performance-Cruiser, dennoch will die Hanse 460 keine Regattayacht sein, sondern einfach ein gut segelndes Modell am neuesten Stand der Strömungstechnik. Die oben erwähnte starke Verjüngung des achteren Unterwasserschiffs erlaubte es Racoupeau auch, auf eine Doppelruderanlage zu verzichten und der Hanse 460 ein Singleruder zu spendieren. Freilich kein schlankes, tiefgehendes Spatenruder, wie man es von Rennziegen kennt, sondern ein etwas breiteres, nicht ganz so tiefes, balanciertes Profilruder. So bekäme der Steuermann ein besseres Feedback, begründet der Franzose seine Entscheidung, ein weiterer Vorteil ist die Tatsache, dass man mit einer Singleruderanlage alle Eindampfmanöver fahren kann, was mit Doppelruder bekanntlich so gut wie gar nicht funktioniert.
Linientreu
Der kantige Kajütaufbau und die rechtwinkeligen Luken signalisieren, aus welchem Stall die Hanse 460 kommt, die Rumpflinien geben ihr einen sehr sportlichen Look. Erstmals serienmäßig ist der Bugspriet für Leichtwindgenua und Gennaker, in dem sich auch die Ankerhalterung befindet. Das Zweisalingsrigg trägt serienmäßig ein konventionelles Groß mit Selbstwendefock, gegen Aufpreis gibt es eine 105-Prozent-Genua mit Schienen auf den Seitendecks nahe dem Kajütaufbau und eine 145-Prozent-Leichtwindgenua als Alternative zum Code 0. Dieses Segel kann so gut wie immer im eingerollten Zustand stehen gelassen werden – ein klares Zugeständnis an den Komfort.
Das Deckslayout birgt keine Überraschungen: Schoten, Fallen und Strecker werden allesamt zu den vor den Rädern montierten Winschen umgelenkt. Hanse spricht in diesem Zusammenhang, wie andere Großserienhersteller auch, von Solosegeltauglichkeit. Im Alltag wichtiger dürfte sein, dass damit das gesamte Cockpit von segelrelevanten Einrichtungen frei gehalten wird und sich die Mitsegler ungestört ausbreiten können.