Oceanis 30.1
Das kleineste Modell der Oceanis-Reihe hat die größte Zielgruppe im Visier und soll sowohl am Meer als auch auf Seen reüssieren
Im Segment der Zehn-Meter-Boote sind Neuerscheinungen selten. Aus gutem Grund: Eine Neuentwicklung kostet eine Menge Geld und das investiert ein Werftchef lieber in die Oberliga, wo es mehr zu verdienen gibt. Deshalb hatte Beneteau die Oceanis 31 auch neun Jahre lang praktisch unverändert im Programm. Einigermaßen überraschend endete dieser lange Produktzyklus im Vorjahr: Auf der boot Düsseldorf 2019 wurde die Oceanis 30.1 präsentiert, und zwar ohne nennenswerte Vorankündigung oder Brimborium. Dabei, da waren sich die Chefredakteure und Cheftester der EYOTY-Jury einig, hätte sich der smarte 30-Füßer das durchaus verdient.
Bekanntes und Neues
Gebaut wird die Oceanis 30.1 in der polnischen Werft Delphia Yachts, die vor mittlerweile fast zwei Jahren von Beneteau gekauft wurde. Die Konstruktion stammt von Pascal Conq, der mit Ausnahme des Flaggschiffes Oceanis 51.1 alle neuen Oceanis-Modelle gezeichnet hat. Markenzeichen ist ein Rumpf, dessen Chines vom Heck bis zum Bug verlaufen und der im Querschnitt einem Suppenteller ähnelt. Diese Form generiert folgende Vorteile: Der tiefe U-Spant im Vorschiffsbereich sorgt für weiches Einsetzen in die Wellen und die geringe benetzte Fläche für gute Leichtwindeigenschaften. Über der Abrisskante (Chine) wird der Rumpf sofort breit. Das schafft unter Deck bis zu 30 Zentimeter mehr Platz als auf einem herkömmlich geformten Rumpf und verbessert das Segelverhalten an der Kreuz bei stärkerem Wind, weil sich die Oceanis bei Lage auf die Chine legt und unterstützt vom Doppelruder spurtreu dahinsegelt.
Dennoch ist die Oceanis 30.1 mit einer Maximalbreite von 2,99 m eher schmal. Dufour 310, Hanse 315 und Sun Odyssey 319 sind um 31 bis 47 Zentimeter breiter. Der für seine radikalen Ansätze bekannte Conq begründet das damit, dass die 30.1 auch auf Binnenseen und in die dort oft schmalen Liegeplätze passen soll. Als weiteren Vorteil nennt er den unproblematischen und preiswerten Transport auf der Straße. Woran so ein Yachtbauer nicht alles denken muss …
Für alle Fälle
Modern ist der Rumpf, weil er sich unter anderen achtern nicht verjüngt. Das ermöglicht auch die Installation einer Doppelradanlage. Zwei Ruderblätter sind sowieso Standard, darauf besteht Conq seit Jahren. Serienmäßig werden die beiden Ruder mit einer Pinne bewegt. Der Autor hält diese Version für die bessere, allerdings hat sich mehr als die Hälfte der bislang 130 Käufer (!) für die optionale Doppelrad-Version entschieden. Auch das Testschiff war damit ausgestattet und man muss Beneteau zur Umsetzung gratulieren. Die Räder wurden so weit achtern installiert, dass der Steuermann gerade dahinter sitzen oder stehen kann. Auf vielen Yachten ist das wegen des geteilten Achterstages nicht möglich, die Oceanis hat damit kein Problem, weil man dieses einfach weggelassen und stattdessen das Rigg über ein stark gepfeiltes Salingpaar verstagt hat.