Reacher 780
Die coole Kombi vereint gute Segeleigenschaften mit reichlich Lebensraum und individuellem Deckslayout
Die Errungenschaften des modernen Yachtbaus haben sich im Segment der 26 Fuß-Yachten bislang kaum durchgesetzt. Aktuell wird der Markt von Werften aus Polen und osteuropäischen Ländern dominiert. Sie konzentrieren sich in erster Linie auf Fahrtenyachten mit ausgeprägter Wohnfunktion; wichtig sind möglichst breite Kojen und Stehhöhe. Vielfach basieren diese Modelle auf alten, verlängerten oder umgebauten Rümpfen. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden – viele Käufer stellen die Lebensqualität an Bord über die Leistung unter Segel. Dennoch ist es erfreulich, wenn eine nach neuesten Erkenntnissen konstruierte Yacht auf den Markt kommt, bei der man gute Segeleigenschaften mit ebensolchem Platzangebot zu kombinieren versuchte.
Das Prinzip, auf dem die Reacher 780 basiert, ist nicht neu, wurde aber in dieser Form bislang selten umgesetzt; genau genommen gibt es nur zwei vergleichbare Boote, nämlich Seascape 27 und Saphire 27. Alle drei Yachten verdanken ihre Existenz nicht einer Großwerft – die bauen derzeit lieber Modelle über 60 Fuß – sondern engagierten Einzelpersonen, wobei sich die Seascape-Gründer Kristian Hainsek und Andraz Mihelin mittlerweile zum europaweiten Marktführer emporgearbeitet haben.
Soweit sind die Initiatoren der Reacher 780 noch nicht. Die aus Kroatien stammenden Brüder Luka und Marco Krejci haben erst vor wenigen Monaten auf der Austrian Boat Show den Prototyp der Reacher 780 vorgestellt, konnten aber soweit unsere Neugierde wecken, dass wir nach Izola fuhren um der Newcomerin dort auf den Zahn zu fühlen.
Solide Basis
Die Krejci-Brüder bezeichnen sich als engagierte Amateursegler ohne nennenswerte Regatta-Erfolge. Sie wollten eine gut segelnde, trailerbare Yacht mit Gleitpotenzial bauen, auf der man auch wohnen kann. Die Beschaffung einer alten Form kam nicht in Frage, vielmehr engagierte man mit Andrej Justin einen bekannten slowenischen Konstrukteur, der unter anderen die RC44 gezeichnet hat. Eine kluger Schachzug, denn Justin ist mit dem Genre bestens vertraut. Und er konnte den Rumpf mittels CFD-Analyse (Computational Fluid Dynamics) optimieren, sprich den Einfluss unterschiedlicher Rumpfmodifikationen und Krängungswinkel auf die Bootsgeschwindigkeit im Vorfeld per Computer erheben. „CFD ist das effizienteste Werkzeug, das man bei der Entwicklung einer Yacht zur Verfügung haben kann“, erläuterte Justin beim Gespräch in Izola, „der Traum jedes Konstrukteurs – als ob man das Boot segelt, bevor es noch gebaut wird.“
Der moderne Gleitrumpf mit Chines ist achtern etwa genauso breit wie in der Mitte. In aufrechter Schwimmlage, also bei wenig Wind, bietet er so wenig benetzte Fläche wie möglich. Daher klebt er nicht am Wasser und hat sehr gute Leichtwindeigenschaften. Die Herausforderung bestand darin, trotzdem im Vorschiff viel Volumen unterzubringen. Dieses darf aber erst bei Lage wirksam werden, um dem Rumpf jene statische und dynamische Stabilität zu verleihen, die er für einen soliden Geradeauslauf benötigt. Ein sicheres Indiz für zu wenig Auftrieb ist übrigens, wenn der Bug in Böen nach Luv wegtaucht – soviel zur Theorie.
In der Praxis beobachteten wir zunächst gemeinsam mit Justin, der es sich nicht hatte nehmen lassen für den Test nach Izola zu kommen, vom Beiboot aus Schwimmlage und Segelverhalten der Yacht.