Sunbeam 32.1
Andreas Schöchl bricht am Mattsee mit Traditionen und führt die Werft mit der kompromisslosen Sunbeam 32.1 in ein anderes Zeitalter
Cappuccino ist eine ungewöhnliche Farbe für eine Yacht. Genau deshalb passt sie zur Sunbeam 32.1 wie heißer Milchschaum auf Espresso. Der jüngste Wurf aus dem Hause Sunbeam Yachts ist nämlich auch ungewöhnlich, vielleicht sogar mehr als das, nämlich die radikalste Neuentwicklung im Genre der modernen Weekender und Daysailer. Das ist insofern erstaunlich, als die seit über 70 Jahren bestehende österreichische Werft bislang eher auf Stabilität denn Innovation setzte; die Schöchls waren in erster Linie für qualitativ hochwertige Yachten bekannt, die zwar kontinuierlich optimiert wurden, aber niemals eine Revolution einleiteten. Wert gelegt wurde auf zeitloses Design und lange Produktintervalle – ein Ansatz, der sich über viele Jahrzehnte bewährt hat. Sunbeam-Yachten sind unheimlich wertstabil, gebrauchte Modelle werden nach wie vor zu Apothekerpreisen gehandelt. Warum also verlässt man diesen Pfad und nimmt mit einem völlig neuen Konzept maximales Risiko?
Neustart
Es hat mit einer grundlegenden Änderung der Firmenstruktur zu tun. Jahrzehnte lang standen die Cousins Manfred und Gerhard Schöchl an der Spitze der Schöchl Yachtbau OG. Letztere beschäftigt sich seit Jahresbeginn ausschließlich mit Verpachtung und Vermietung von Anlagen, die Führung der Werft inklusive aller Markenrechte liegt hingegen bei der Sunbeam Watersports GmbH, der Andreas Schöchl, der Sohn von Manfred, als CEO vorsteht. Für Insider war die Gründung der neuen Firma keine Überraschung. Die Auffassungsunterschiede zwischen Gerhard und Andreas, wie die Werft ausgerichtet werden und Sunbeam Yachten in Zukunft aussehen sollten, waren unüberbrückbar. Nichts dokumentiert das besser als die Sunbeam 32.1, für deren Entwicklung Andreas Schöchl neue Denkmuster bemühte und neue Wege beschritt – auch wenn er in entscheidenden Fragen sehr wohl auf seinen Vater sowie die Konstrukteure von J&J Design gehört und damit von einem umfassenden Erfahrungsschatz profitiert hat. So engagierte der „junge Schöchl“ mit Gerald Kiska erstmals in der Geschichte von Sunbeam Yachts einen Industriedesigner. Kiska, der in seinem Studio in Salzburg-Anif mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigt, hat bislang für Frauscher und Marian Motoryachten gestaltet, die Konzeption einer Segelyacht war Neuland für ihn.
Dementsprechend unverkrampft, man könnte auch sagen provokant ging er an diese Aufgabe heran. Die erste Frage, die er in der Zusammenarbeit stellte, lautete: Was kann ein Segelboot von einem Motorboot lernen? Andreas Schöchl ließ sich von dieser „Gotteslästerung“ nicht vor den Kopf stoßen, sondern hörte Kiska, der einen neuen, kundenorientierten Zugang zum Thema einforderte, aufmerksam zu. Das Dogma der besten Segeleigenschaften habe sich überlebt, behauptete der Produktdesigner, denn der Kunde von heute stelle völlig andere Anforderungen an ein Boot als früher. Er wolle dem Segeln nicht alles unterordnen, sondern primär eine angenehme Zeit an Bord verleben, sei es alleine oder mit Crew. Dem Neo-Werftchef leuchtete das ein und er machte sich daher daran, Kiskas Ideen mit den nautischen Vorgaben von J&J Design unter einen Hut zu bringen. Eine denkbar schwierige Aufgabe, die Andreas Schöchl aber hervorragend gelöst hat, wie sich beim Test am Mattsee zeigte.
Ideentransfer
Die Baunummer 1 ist nicht nur cappuccinofarben, sie wirkt auch eher wie ein futuristisches Rendering als eine fertige Serienyacht. Verantwortlich dafür ist in erster Linie der designte Rumpf. Der sieht bei den meisten Segelyachten ident aus, punktuelle Unterschiede ergeben sich dadurch, dass manche über Chines verfügen, andere ohne die seitlichen Abrisskanten auskommen. Der Sunbeam 32.1 hat Kiska hingegen eine Art dreidimensionalen Rumpf verpasst, wie man es bislang lediglich aus dem Motorbootbereich kennt. Wavepiercer-Bug, großflächige Rumpfluke, vom Bug zum Heck verlaufende Abrisskante und das sogenannte Flightdeck mit integriertem Bugspriet ergeben eine unverwechselbare, sportlich wirkende Kombination mit famosem Flächengewinn an Deck – steht man am Vorschiff, fühlt man sich eher wie auf einer 40-Fuß-Yacht, nicht wie auf einer 32er. Das Kajütdach wird X-Brace genannt. Die beidseits nach achtern über die seitlichen Sülls gezogenen Flächen fungieren als Leinenabdeckung, nach vorne hin als Armlehne sowie Liegewiesen-Begrenzung, zudem dient der X-Brace der Beschattung und sorgt für ein optisch aufgeräumtes Cockpit.
Innovativ ist auch die elektrisch ausfahrbare Badeplattform.
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