Was das Herz begehrt
Die Seychellen sind nicht nur eine beliebte Flitterwochen-Destination, sondern auch ein abwechslungsreiches Segelrevier von einzigartiger Schönheit
So sollte jeder Törn beginnen: Die Eden Island Marina, in der sich der Stützpunkt unseres Vercharterers The Moorings befindet, ist kein umtriebiger Umschlagplatz für das Boots-Business, sondern eine wunderschöne, gepflegte Anlage mit entspannter Atmosphäre. Auf einem künstlichen Inselchen erbaut und mit der Hauptinsel Mahe über eine Brücke verbunden, bietet sie Yachten bis 115 Meter Platz und ist an ihrer Ostseite von gepflegten Villen umrahmt. Eine schönere Marina haben wir noch selten gesehen. Die Formalitäten samt Briefing sind rasch erledigt, die vorab bestellten Lebensmittel und Getränke befinden sich schon an Bord, den Rest kaufen wir beim SPAR-Supermarkt (!) im Marinagelände ein. Um Punkt 12 Uhr lösen wir die Leinen unserer Nkosinathi, einem sehr komfortablen 40-Fuß-Katamaran, tuckern durch den St. Anne Channel und setzten dann im freien Wasser Segel. Bei bestem Wind bis 20 Knoten nehmen wir die Überfahrt zur Insel Praslin in Angriff, eine Etappe von etwas mehr als 20 Meilen. Fliegende Fische begleiten uns, der Kat gibt mit einem Highspeed von 7 Knoten sein Bestes, die Stimmung ist prächtig, das Leben schön.
Weniger schön ist das Wetter. Dichte, manchmal auch schwarze Wolken ziehen umher, hinter uns sehen wir immer wieder eine Regenwand heruntergehen. Als wir in die Baie St. Anne einlaufen, eine halbkreisförmig in die Südostküste von Praslin geschnittene Bucht, macht uns ein kräftiger Schauer die Suche nach einem sicheren Platz für die Nacht schwer. Aber letztlich gelingt das Manöver planmäßig, um 17.00 Uhr schaukeln wir fest vertäut an einer Boje und können unser erstes Bierchen köpfen. Ein Restaurant gibt es hier nicht, aber ein gewisser Robert, dessen Telefonnummer wir vorsorglich notiert haben, soll die Yachties in dieser Bucht kulinarisch versorgen. Er hebt tatsächlich ab, muss uns aber enttäuschen: Er sei vollauf beschäftigt, wir hätten uns rechtzeitig ankündigen und unserer Wünsche in Auftrag geben müssen. Also neuer Plan: Wir setzen mit dem Dingi an Land über und fragen einen Einheimischen, ob er uns ein Lokal empfehlen plus ein Taxi organisieren kann. Ja, kann er beides, und so sitzen wir wenig später auf der überdachten Terrasse des La Goulue vor würzigem Fisch-, Huhn- und Oktopus-Curry. Passt.
Robert lernen wir am nächsten Morgen persönlich kennen, nach einer nassen Nacht, in der es durchgängig geschüttet, geblitzt und gedonnert hat. Er kommt mit seinem kleinen Motorboot längsseits, kassiert 300 Rupien für die Boje und nimmt unseren Mist mit. Eigentlich regnet es im April nie, schüttelt er den Kopf, aber der Klimawandel habe alles geändert, man könne sich auf gar nichts mehr verlassen.
Unwirkliche Idylle
Jetzt scheint jedenfalls die Sonne. Wir schippern gegen den Uhrzeigersinn um Praslin, machen vor der winzigen Ile St. Pierre an einer Boje fest und kramen zum ersten, aber sicher nicht letzten Mal in dieser Woche Flossen, Schnorchel und Taucherbrille heraus. Nichts wie rein ins gar nicht kühle Nass! Die Kombi, die sich uns bietet, ist atemberaubend: Unter Wasser farbenprächtige Fische in allen Größen und Formen, über Wasser eine Komposition, die als Kulisse für einen Werbefilm dienen könnte. Blank polierte, im Laufe von Millionen Jahren rundgeschliffene Granitfelsen türmen sich über schneeweißem Sand, dazwischen ragen Kokospalmen in den kobaltblauen Himmel. Diese Stein-Formationen finden sich bei ozeanischen Inseln, die üblicherweise vulkanischen oder korallinen Ursprungs sind, nur ganz selten und machen den einzigartigen Charakter der Seychellen aus. Wir können uns kaum sattsehen und von diesem Spot trennen, paddeln zweimal um das pittoreske Inselchen, ehe wir zum Schiff zurückkehren.