Spätes Meisterwerk
Hubert Raudaschl bringt nach zweijähriger Entwicklungsarbeit die traditionelle Plätte in einer besegelten Version auf den Markt
Hubert Raudaschl, Segelikone vom Wolfgangsee, ist in seiner Laufbahn mit allem Erdenklichen gesegelt. In den vergangenen Jahren galt sein Interesse vermehrt historischen Booten. Er nahm vor Murter mit traditionellen Gaetas an Regatten teil und war fasziniert von den mit Lateinerrigg und mächtigem Ruderblatt ausgestatteten Batanas, wie man sie in der Lagune von Venedig sieht. Deren Spantform, die jener der Plätten des Salzkammerguts sehr ähnlich war, animierte ihn letztendlich, eine Plätte, am Wolfgangsee liebevoll Traunerl genannt, zu einem Segelboot umzurüsten.
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Die Geschichte der Plätte reicht bis ins Mittelalter zurück. In erster Linie transportierte sie Waren wie Salz, Holz, Viehfutter oder Lebensmittel, brachte aber auch fromme Pilger von Strobl oder St. Gilgen nach St. Wolfgang. Die Fortbewegung erfolgte mittels Riemen, wobei die Plätte – anders als die venezianische Gondel – von Backbord gerudert wird. Die Technik ist anspruchsvoll, denn jedem Ruderschlag muss eine Gegenbewegung folgen, andernfalls würde das Boot im Kreis fahren. Und weil es in der Natur des Menschen liegt, sich das Leben möglichst einfach zu machen, gab es für das Traunerl auch ein Rahsegel. So konnte man sich entspannt vom Brunnwind von St. Gilgen nach St. Wolfgang treiben lassen. Kreuzen war allerdings nicht möglich.
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Die Idee, das Traunerl als attraktives, traditionelles Segelboot einem breiten Publikum zugänglich zu machen, wurde nicht via Computer umgesetzt. Hubert Raudaschl lieh sich vielmehr von seinem Freund Helmut Peter, dem Altwirten des Weißen Rössl am Wolfgangsee, dessen Traunerl, zimmerte Mastfuß und Ruderaufhängung zusammen, befestigte beides mit Schraubenklemmen am Boot und steckte das von der RN 20 bekannte Marco-Polo-Rigg in die Mastbank. Es folgten ausführliche Testfahrten, bei denen Raudaschl versuchte das Verhältnis von Lateral- zu Segelschwerpunkt auszuloten. Akribisch tüftelte der zehnfache Olympiateilnehmer und x-fache Weltmeister auch am perfekten Trimm. Sein Ziel rechtfertigte den enormen Zeitaufwand: Raudaschl wollte, dass sein Traunerl besser als die mediterranen Pendants segelt. Die Gaetas betrachtete der Altmeister nicht als Konkurrenz, die Batanas hingegen sah er durchaus als Benchmark an. Dementsprechend intensiv beschäftigte er sich mit deren Segeleigenschaften. So trat er bei einer Traditionsregatta in Piran mehrfach mit der von ihm konstruierten RN 20 gegen Batanas an. Der Kurs, ein Staberl zwischen Piran und Portoroz, musste zwei Mal abgesegelt werden, die Leistungen der beiden Bootstypen sollten als Basis für die Einschätzung des Segelpotenzials des Traunerls dienen. Das Ergebnis: Während die RN 20 bereits die zweite Runde absolviert hatte, waren die Batanas noch nicht einmal mit der ersten Runde fertig.
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Bei den Vergleichswettfahren am Wolfgangsee, zu denen Raudaschl die Yachtrevue geladen hatte, herrschten perfekte Bedingungen. Es wehte moderat mit acht bis zehn Knoten, das Wasser war flach und das Traunerl machte schon beim Einsegeln erstaunlich gute Figur. Doch das reichte Raudaschl nicht.