Wiederentdeckungen

Clubs nerven. Wenigstens manchmal und nein, das ist jetzt kein Auszug aus einem geleakten Protokoll einer Vorstandssitzung, sondern eine schlichte (Selbst)Beobachtung über viele Vereine und Jahre hinweg. Gründe gibt es genug: Erhöhung der Mitgliedsbeiträge, Preis-Leistungs-Verhältnis in der Clubkantine, Dauer und Ort der Generalversammlungen oder die Vergabe von Liegeplätzen sind universelle Klassiker. Dazu kommen höchstpersönliche Reibepunkte wie Hunde, Nacht(un)ruhe oder kollektive Kurzsichtigkeit bei strategischen Entscheidungen.

Corona bringt auch hier eine neue Note ins Spiel. Statt genervt zu sein, dass der Kran nicht frei, der Landliegeplatz blockiert und der Spezialistenclubkollege immer noch nicht über seine ewig gleichen dummen Sprüche hinweg ist, orte ich heuer einen anderen Zugang. Aha, es ist gar nicht selbstverständlich, dass ich den Club – eine Sportstätte! – überhaupt betreten darf. Nach Wochen der sozialen Distanz und Isolation freue ich mich über jedes Gespräch und wenn ich genauer hinhöre, hat mein Spezialistenkollege vielleicht durchaus Neues zu sagen. Erstaunlich auch, wie viele Menschen den Club besuchen, wenn alternative Destinationen oder Beschäftigungen zeitweilig nicht zur Verfügung stehen.

Mir scheint, als ob es ein fast zärtliches Wiederentdecken dessen gibt, was wir kaum mehr wahrgenommen haben, das aber wesentlich zum gelungenen Miteinander und persönlichen Wohlbefinden gehört: das spürbare Teilen einer gemeinsamen Leidenschaft, das beiläufige Gespräch am Steg, die Teilhabe am Leben der anderen mit seinen Höhen und Tiefen, das Hineingestellt-Sein in die Geschichte eines Clubs.

Ich weiß: Wir werden uns recht schnell wieder daran gewöhnen, dass all das ohnehin selbstverständlich ist, und vieles wird uns nerven. Die Corona-Zeit bleibt uns vermutlich als seltsames Jahr in Erinnerung, das die üblichen Abläufe gestört und die Fragilität des Gewohnten aufgezeigt hat. Vielleicht bleibt aber auch mehr: ein Mehr an Dankbarkeit, Behutsamkeit und Freude jenseits von Spaß. Das täte uns in vielerlei Hinsicht gut – auch abseits des Clublebens.

Weitere Artikel aus diesem Ressort

Ressort Kreuzpeilung
Nach den olympischen Segelbewerben in Marseille ein weiteres Highlight: der America’s Cup vor Barcelona. Zum Zeitpunkt der Drucklegung war gerade die viertägige Proberegatta mit einem Sieg des Titelverteidigers Emirates Team New Zealand über Luna Rossa Prada Pirelli abgeschlossen. Alle Wettfahrten waren live und on-demand auf YouTube verfügbar. Auf dieser Basis drei Beobachtungen und eine Prognose.









 

Faktor Mensch

Ressort Kreuzpeilung
Yachtclubs in Österreich hatten es gut. Direkt am Wasser auf guten bis sehr guten Plätzen, stabile bis wachsende Mitgliederzahlen, Nachwuchs fast automatisch aus den eigenen Reihen. Eine Erfolgsstory?









 

Festung oder Offenheit?

Ressort Kreuzpeilung
Szene 1: OeSV-Generalversammlung im BLZ Neusiedl; die Spitzen der österreichischen Segelclubs schaffen am Vereinstag wichtige formale Rahmenbedingungen. Adjustierung der Männer: kaum Blazer, eine einzige Krawatte. Szene 2: Generalversammlung des Europäischen Segelverbands in Ungarn; Vertretungspersonen der nationalen Segelverbände besprechen die Zukunft des Segelsports in Europa. Adjustierung der Männer: vereinzelt Blazer, vereinzelt Krawatte.









 

O tempora, o mores?

Ressort Kreuzpeilung
Wer kennt sie nicht, die Klagen über den Nachwuchs, der sich grottenolmig viereckige Augen heranzüchtet durch ständiges Online-Sein? Häufig dann der Ratschlag: „Mach doch mehr Sport!“ Aber Achtung, aufgepasst! Diese gut gemeinte Ermutigung kann zukünftig vom Regen in die Traufe führen. Warum? eSports ist massiv auf dem Vormarsch.









 

Couch Potato

Ressort Kreuzpeilung
Der sanft fallende Schnee dämpft die Geräusche von der Straße. Eine Tasse dampfenden Chai Latte – mann entwickelt sich – und ein Buch in der Hand, Vanillekipferl vor mir, Herz, was willst du advent-abendlich mehr.









 

Tiefe Gräben

Ressort Kreuzpeilung
Jahreskonferenz von World Sailing (WS) im spanischen Malaga. An die 300 Personen versammeln sich im November, um über verschiedenste Aspekte des Segelsports zu diskutieren. Das Themenspektrum ist breit. Es reicht von mittels 3D-Scanner durchgeführter Vermessung der Foils bei Nacras mit Herstellungstoleranzen im 0,2-mm-Bereich über Debatten zur WS Olympic Vision bis hin zur vom ukrainischen Segelverband aufgeworfenen Frage, ob man das russische Pendant nicht eigentlich wegen seiner als illegal angesehenen Segelaktivitäten auf der besetzten Krim aus WS ausschließen müsste.









 

Geist der Regeln