SAY 42
Der Daycruiser ist komplett aus Karbon gebaut, fährt wie der Teufel und funktioniert auch als Sonnenterrasse bestens. Dass die Wohnfunktion nur rudimentär ausgeprägt ist, lässt sich daher leicht verschmerzen
Karbon ist der ultimative Werkstoff im Yachtbau. In Sachen Hydrodynamik sind die Konstrukteure längst an ihre Grenzen gestoßen – eine etwaige konstruktionsbedingte Weiterentwicklung, und das betrifft Segel- und Motoryachten gleichermaßen, bringt nur noch einen Geschwindigkeitszuwachs im Promillebereich. Trotzdem werden nicht alle leistungsorientierten Boote und Yachten in Karbon gebaut. Das liegt einerseits an den hohen Kosten, andererseits am fehlenden Knowhow; Karbon kann nicht jeder. Einer, der es sehr wohl kann, ist der in Salzburg lebende Karl Wagner. Er fertigte bereits mit 14 Jahren Karbonteile an und gründete später die Firma Carbotech, die Kohlefaserkomponenten für Flugzeuge, Serien- und Rennautos, unter anderen auch Monocoques für die Formel 1, produziert. 2015 verkaufte er das Unternehmen, das 700 Mitarbeiter beschäftigt, und suchte eine neue Herausforderung in der Yachtbranche: Er übernahm von Werftgründer und Konstrukteur Swen Ackermann die auf Karbon-Motoryachten spezialisierte, im deutschen Wangen ansässige Firma SAY Carbon. Anfang nächsten Jahres will man mit dem Bau einer neuen Werfthalle beginnen, in der die komplette Kohlefaserfertigung stattfinden soll; in der alten Halle werden die Boote dann nur noch zusammengebaut. „In Zukunft möchten wir rund 25 Boote pro Jahr ausliefern“, steckt Wagner seine Ziele ab. Die aktuelle Palette umfasst drei Modelle (SAY 29, 45 Rib und 42). Die SAY 42 wurde von der Yachtrevue als weltweit erstem Magazin vor Ibiza getestet und unmittelbar danach verkauft. Mittlerweile sind bereits Baunummer 2 und 3 im Entstehen.
Am Präsentierteller
Ibiza, Marina Santa Eulàlia. In einer Ecke des Hafenbeckens, unmittelbar vor dem hervorragenden Fischrestaurant Skuma, liegt die lindgrüne, futuristisch aussehende SAY 42 und wird unzählige Male von Passanten fotografiert. Kein Wunder, ist sie doch von einmaliger Kompromisslosigkeit. Nehmen wir das Rumpfdesign: Betrachtet man das Schiff von vorne, erkennt man ein messerscharfes, tiefes V, das sich radikal nach achtern zieht. Ein „normaler“ Rumpf würde in dieser Form nicht funktionieren – zu wenig Volumen und damit zu wenig Auftrieb. Doch die SAY 42 wiegt nur rund die Hälfte einer GfK-Yacht, daher passt das Verhältnis von Volumen zu Gewicht perfekt.
Spektakulär ist auch das extrem ausladende Deck im Vorschiffsbereich, der markante Deckssprung und der Kajütaufbau. Letzterer ist derart niedrig, dass es keine Seitenfenster gibt, dafür ein Kajütdach, das komplett aus getöntem, chemisch gehärtetem Verbundsicherheitsglas besteht; eine Idee des Münchner Designbüros KET.
Fahren versus Sonnenbaden
Die deutschen Designer haben auch für BMW gearbeitet und reichlich Erfahrung bei der Cockpitgestaltung. Das spürt man. Im Zentrum steht ein massives Sportlenkrad, beidseits davon neigen sich zwei Garmin-Touchscreens zum Fahrer. Auf Rundinstrumente hat man bewusst verzichtet. Perfekt gelöst hat man die beiden Stufen aufs Vorschiff an Steuerbord. Sie wurden harmonisch ins Cockpit integriert, wobei auf der oberen Stufe Gashebel sowie Joystick untergebracht sind.
Einen speziellen Reiz hat die Gegensätzlichkeit, die sich im Cockpit offenbart.