Haubentaucher und Mezzosopran

Wasserfall 1. Der geniale Werner Schneyder brachte es auf den Punkt: „Ein Freund ist, wer dich für gutes Schwimmen lobt, nachdem du beim Segeln gekentert bist.“

Haubentaucher und Mezzosopran

Im Zeitalter der großen Entdecker sollen nur Nichtschwimmer als Matrosen angeheuert worden sein. Angeblich um ihren Leidensweg zu verkürzen, wenn sie über Bord gegangen sind. Gäbe es diesen Brauch noch heute, wären viele meiner Freunde nicht mehr am Leben. Ich übrigens auch nicht.

Hochseemeisterschaft vor Biograd. Fünf Journalisten dürfen vier Profis bei der Arbeit behindern. Rudergänger Nico Delle-Karth – von den Amateuren an Bord nur „der Heiland“ genannt – fährt zwei Wenden knapp hintereinander. Stolz, weil ich die erste als Vorschoter so gut hingekriegt habe, verschlaf‘ ich die zweite. Der Heiland erwischt mich auf dem falschen Fuß. Mir gelingt ein zirkusreifer Matrosenköpfler unter der Reling durch.

Eine Minute später klettere ich, die Genuaschot krampfhaft umklammernd, über die Badeleiter ins Boot. Applaus bleibt aus, stattdessen ernte ich einen endlosen kollektiven Lachkrampf. Mein lieber Kollege Manfred setzt dem Fass die Krone auf und jubelt unter Tränen: „Danke, Heiland, dass ich das noch erleben darf!“ Auch ich bekomme einen Künstlernamen verpasst: Da mein Kapperl weg ist, nennt mich der Heiland von nun an „Haubentaucher“.

Kindsköpfe wie Olympiasieger Sieber oder die 470er-Burschen Schmid und Reichstädter spielen natürlich bereitwillig mit. So habe auch ich mir das Recht erschwommen, unfreiwillige Badegäste zu verarschen:

Komiza, Insel Vis: Auf der Kaimauer versucht eine sehr dicke Frau mit einem Sackerl fürs Gackerl die mikroskopisch kleinen Exkremente ihres Chihuahuas einzusammeln. Gleichzeitig schleppt ihr Mann eine riesige Kiste mit Vorräten heran – genug für eine Atlantik-Überquerung. In seiner Sicht beeinträchtigt, kollidiert er mit dem Gesäß der Gemahlin, worauf diese samt Gackerl, Sackerl und Zwerghund mittels Bauchfleck im Wasser landet. Von der (Stimm-)Lage her ist sie im echten Leben Mezzosopran. Das hohe C in „Fifiiiiii, Hiiilfe!“ lässt ihren Kehlkopf jedenfalls kollabieren. Uns übrigens auch.

Komiza bürgt für Komik: Eine Unart meines Freundes Harry besteht darin, vor allen anderen mit dem Hintern voran vom Steg ins Dingi zu kippen. „Damit ich zuschauen kann, wenn‘s euch ins Wasser haut“, rechtfertigt der ehemalige Turner seine traditionelle Showeinlage immer wieder. Der wahre Grund: Kein anderer soll sein Lieblingsspielzeug – den Außenborder – anrühren!

Doch diesmal hat Harry die Rechnung ohne die zu hohe Kaimauer und ohne den prall gefüllten Dingi-Rumpf gemacht. Die Ereignisse in Comic-Sprache: „Boiiiing!“ – „Ahhhhhhh!“ – „Platsch!“ Brüllendes Gelächter. „Sehr witzig, ihr Trottln!“ Das Schiff spricht zum Seemann: „Schütze du mich vor dem Land, dann schütze ich dich vor dem Wasser.“ Aber selbst ein Gummiboot hat einen Stolz.

Eine Passarella übrigens auch: Eine Gruppe amerikanischer Augenärzte im Hafen von Hydra. Fünf Doktorinnen und vier Doktoren machen sich auf dem zweistöckigen Kongress-Schiff neben uns stadtfein für einen Abend im Nobelrestaurant. Die Gangway ist drei Meter lang und hat ein Gelenk in der Mitte. Alle neun wollen an Land. Gleichzeitig.
Comic-Sprache: „Knirsch!“ – „Klapp!“ – „Platsch!“ – „Ahhhhhhh!“ – „Oh my god!“

Als wäre der Anblick von neun pritschelnden Ophthalmologen, von denen drei hysterisch „My glasses! Where are my glasses?“ kreischen, nicht lustig genug, stellen sie sich danach in Smoking bzw. Abendkleid unter die Freiluftduschen. Prüderie made in USA.

Die nachbarlichen Beziehungen laufen aber erst aus dem Ruder, als unser Gitarrist Robert den Peter-Sarstedt-Song „Take of your clothes, let me see what it is that you’re hiding“ anstimmt. Robert versucht zu deeskalieren: „Ihr könnt sehr gut schwimmen“, ruft er den Amis frei nach Werner Schneyder zu. Ein Fehlversuch. Sie können auch sehr gut schimpfen.

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