Von Eismaschinen und Süßwasser-Klos

Wunschzettel. Antike Kostüme sind vielleicht nicht ganz zeitgemäß, dekadente Geistesblitze aber mindestens genauso verzichtbar

Von Eismaschinen und Süßwasser-Klos

Leider bin ich in einem Alter, in dem man langsam wieder anfängt, ans Christkind zu glauben. Doch was wünsch’ ich mir? Mein Ölzeug ist so sperrig, dass man mich bald mittels Spinnaker-Fall hineinhieven muss. Wenn ich mich in diesen bocksteifen Panzer quäle, fällt mir Danny Kay in seiner grotesken Ritterrüstung ein. (Sorry, liebe junge Leser: diesen großartigen Komiker kennt ihr wahrscheinlich gar nicht.) Mit meinem einst lebensgefährlichen Segelmesser kann ich heute nicht einmal mehr eine Banane vierteln. Crocodile Dundee würde mich schallend auslachen: „Das soll ein Messer sein?“

Meine Stiefel würden in einer Ausstellung über Napoleons gescheiterten Russland-Feldzug nicht auffallen. Für das Wechseln der Batterie meiner Rettungslampe brauch’ ich einen Säureschutz-Overall. Die Rettungsweste gleicht dem Zaumzeug eines mazedonischen Maulesels bei der Feldarbeit. Geht in der Pantry das Salz aus, müsste ich nur meine Segelhandschuhe ausschütteln. Meine Mütze bietet mehr Strahlenschutz als jeder Aluhut. Neulich, als ich nach einem Törn meine Sachen schlichtete, fragte mich ein Törn-Debütant: „Hast du das schon auf der Mayflower getragen?“ Sehr witzig.

Ein gleichaltriger Freund, der sich in ähnlich antike Kostüme zu hüllen pflegt, antwortete auf die Frage, ob er sich nicht endlich was Neues leisten wolle: „Geh hör auf: Das zahlt sich doch nimmer aus.“ Dieses Statement stimmte mich traurig. Ich werde mich also neu einkleiden, weil ich nicht zum alten Eisen gehöre. Zumal Eisen rostet, schlecht schwimmt und die Kompassnadel ablenkt. Bin mir aber nicht sicher, ob ein simples Update meines Outfits ausreicht. Es ist zu befürchten, dass ich meine negative Grundeinstellung zu diversen Trends im Törn-Business grundlegend ändern muss.

Elektrische Häuslpumpen sind eine echte Errungenschaft. Sofern übermotivierte Mitsegler nicht gleich nach dem ersten Stuhlgang den Fäkaltank vollpumpen, weil sie den (immer noch analogen) Häuslbesen nicht angreifen wollen. Absurd bis obszön ist hingegen eine Süßwasserspülung (ja, sowas gibt es!), die angeblich die Geruchsbelästigung minimiert. Elektrische Winschen mögen auf großen Schiffen ja hilfreich sein, auf kleineren Yachten halte ich sie für überflüssig und gefährlich. Bei der Selbstwende-Fock scheiden sich die Ideologien. Ich vertrete die andere.

Bissi dekadent und nicht bahnbrechend intelligent sind Eiswürfelmaschinen an Bord (ja, gibt es auch!). Ohne Landstrom nehmen deren coole Produkte nämlich sehr schnell wieder den ursprünglichen Aggregatzustand an. Ha, haaa! Dafür haben wir ja einen Tiefkühler an Bord (gibt’s auch!). Funktioniert aber gleichfalls nur mit Landstrom, sofern nicht der gesamte Rumpf des Schiffes mit tonnenschweren Batterien vollgepfropft ist, permanent die Maschine oder ein besonders umweltfreundlicher Generator mitläuft (gibt’s!). Wahrscheinlich bin ich altmodisch, aber einige Strömungen lasse ich einfach aus.

Starke Solarpaneele sind zweifellos und ganz ohne Ironie die Zukunft. Trotzdem will ich nicht rücklings über die Reling fallen. Und zwar bei einer akrobatischen Verrenkung, um an dem exakt über dem Steuerstand montierten Paneel vorbei den Verklicker im Masttopp zu sehen. Es geht doch noch ums Segeln, oder?

Liebes Christkind, bitte gib den Menschen ihre Leidenschaft für Ein-Rumpf-Boote zurück! Katamarane haben ohne Widerspruch ihren Reiz und gewisse Vorteile. Sie brauchen aber je zwei Liegeplätze. Die Häfen wären auch ohne sie schon voll genug. Beim freien Ankern rotieren die Dinger unberechenbar und ganz anders als Monohulls. Jene Gastwirte und Nationalpark-Ranger, die Ankerbojen auslegen, bedenken dies oft nicht. Dann kracht es in der Bucht, während die Crews ihre Goldbrasse zerteilen. Ich will den Kat-Seglern keineswegs den Spaß verderben, wundere mich aber darüber, dass es plötzlich so viele von ihnen gibt.

Und was wünsch ich mir noch vom Christkind? Natürlich, dass ganz Österreich, Deutschland, die Schweiz, Südtirol sowie Teile Namibias und Argentiniens – frohlockend aus lauter Vorfreude – das Buch „Abdrift 2 – meer Satire“ auf ihre Wunschzettel kritzeln …

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