Abfallen von der Katze

Der Saronische Golf ist ein überschaubares Revier in unmittelbarer Nähe von Athen. Werner Meisinger hat es im Corona-Sommer besegelt und kam in den Genuss ungewohnter Ruhe und vielfältiger Naturbeobachtungen

Abfallen von der Katze

Der Saronische Golf liegt als kleines Meer vor Athen. Die wilden Winde der Ägäis werden im Osten von Attika abgehalten, im Westen begrenzt der milde Peloponnes den Saronischen Golf. Geografisch betrachtet, bildet die Region nicht den Mittelpunkt des Landes, doch wollte man das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum des antiken Griechenlands markieren, müsste man hier das Zeichen setzen.

Das historische Erbe ist in Museen und auf zahlreichen archäologischen Stätten zu besichtigen. Wirtschaftlich ist das Gebiet – für griechische Verhältnisse – nach wie vor stark. Das liegt am Handel und Tourismus.
So ist es jedenfalls in normalen Zeiten. Die hier beschriebene Reise fand im Juli 2020 statt, im annus horribilis Corona, als fast gar nichts normal war.

Die besonderen Umstände zeigten sich schon beim Anflug auf Athen. Zwischen Salamis, der nördlichsten und größten der Saronischen Inseln, und dem Festland lag als Zeichen des großen Stillstands eine Flotte auf Reede. Dutzende Großschiffe, die sonst rastlos ihre Spuren durch die Meere ziehen, dümpelten an langen Ketten, ein weiter Ankergrund voll Frachter und Tanker außer Dienst. Der Flughafen, stets ein Ort größter Umtriebigkeit, präsentierte sich in potempkinscher Stille. Die Läden und Restaurants in den Straßen Athens: weitgehend menschenleer. Akropolis: kein wimmelndes Touristentreiben mit Säulendekoration, sondern ein weihevoller Ort der Kontemplation.

Marina Zea ist der größte Yachthafen in Piräus und die Basis der Charterflotten. Auch hier war die Lähmung der Zeit unübersehbar. Nur auf wenigen der in langen Reihen liegenden Charteryachten wurden Vorkehrungen für einen Törn getroffen. Neben unserem Schiff verließ an diesem Tag wohl kein halbes Dutzend weiterer diesen Hafen.
Und doch zeigte sich der Saronische Golf vom Wassertourismus recht belebt. Das liegt am speziellen Charakter dieses Reviers, in dem auch regionales Publikum sehr präsent ist. An Wochenenden verfrachten sich zahlreiche Athener auf eigenem Kiel oder per Fähre an die Strände und in die Buchten der Inseln. Ein paar Stunden Fahrt und schon sind die Bewohner dieser wirren, lauten Stadt in eine völlig andere Welt aus Stille, Heiterkeit und Natur gewechselt.

Die Stille hat Ausnahmen. Auf Moni beispielsweise. Dieses Ägina vorgelagerte Inselchen wäre keine Besonderheit, hätte es nicht Damwild und Pfaue als seltene Attraktionen. Wer es mit Tieren hat, wird Moni also ansteuern, hoffnungsfroh, aber auch zweifelnd, ob sich die Prachtvögel und eleganten Huftiere sehen lassen würden.

Wildtiere ohne Scheu

Zuerst lassen sie sich hören, nämlich die Pfaue. Mit lang gezogenem Wääehhhwääeh, scharf und metallisch, verständigen sich diese Riesenhühner. Wohltönend können den Pfauenruf nur Menschen mit extravagantem Musikgeschmack oder schwerem Gehörschaden empfinden. Dazu kommt – Uhoghoghoghog – der gar nicht liebliche Gesang der Möwen. Allein die Lautstärke dieser Rufe ist bemerkenswert. Zudem sind Pfaue extrem kommunikative und schlafgestörte Tiere. Sie rufen bei Tag und Nacht. Nachts immerhin entfällt das Geschwätz der Möwen.

Die Horntiere verhalten sich dezenter. Wer sich mit Wildbeobachtung auskennt, wird den Anblick sorgfältig vorbereiten. Also frühmorgens, wenn die Sonne noch nicht aufgegangen ist und das Wild im ersten Dunst des Tages auf Nahrungssuche unterwegs ist, still im Cockpit sitzen und den Saum des Kiefernwaldes und die Lichtungen observieren. Vor Moni liegend hat man zu dieser Tageszeit beste Chancen, zuerst erhabene Bewegungen zwischen dem Geäst zu beobachten und da und dort auch einen ganzen Hirsch, eine Hirschkuh oder ein Kalb. Von diesen Sichtungen ermutigt, wird man als Freund der Tierlein näher ran wollen, auf ein Foto vielleicht, um mit dieser friedlichen Trophäe Instagram, Facebook oder (old school) ein Album zu bereichern.

Für die Expedition in die Tiefen der Wälder und den Schleichgang über felsigen Grund wird man sich mit robustem Schuhwerk und dornenfester Bekleidung rüsten und für die kulinarische Erbauung der Tiere ein paar Äpfel mitnehmen. Also den Hügel hinauf durch stachelige Büsche. Wie sich allerdings rasch zeigt, ist die Vorbereitung auf einen beschwerlichen Pirschgang auf Moni entbehrlich.

Den gesamten Törnbericht lesen Sie in der Yachtrevue 11/2020, am Kiosk ab 31. Oktober!

Der komplette Bericht als PDF-Download:

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