Kleines Boot, großes Abenteuer
Minimalistisch. Ein junges Paar erfüllte sich trotz beschränkter finanzieller Mittel und überschaubarer Segel-Erfahrung einen Traum und erkundete drei Monate lang auf eigenem Kiel die schwedischen Schären
Begonnen hat alles mit einem traumhaft schönen Segeltag in der Bucht von Rio, der nicht nur mich, sondern auch meine Freundin verzauberte. Neptun war eindeutig auf meiner Seite: Cati wurde nicht seekrank, hatte Spaß am Wasser – und ich in Sachen Segeln endlich einen Fuß bei ihr in der Tür. Seit Jahren träumte ich davon, auf einem eigenen Boot unterwegs zu sein, nun schien es, als ob ich diesen Traum endlich in die Realität umsetzen könnte.
Zurück in Wien startete ich sofort mit der Recherche. Mein Budget war klein und ich 190 Zentimeter groß – keine einfachen Voraussetzungen. Bald wurde klar, dass sich im Mittelmeer wohl nichts Passendes finden würde. In Schweden gab es hingegen ein umfassendes Angebot an preiswerten, alten, aber gepflegten Booten zwischen 24 und 30 Fuß. So klickte ich mich täglich durch Bootsanzeigen auf Schwedisch, versuchte mir ein Bild zu machen und hatte irgendwann drei Besichtigungen vor Ort vereinbart. Cati und ich buchten Flüge nach Stockholm, einen Mietwagen für zehn Tage und zogen los. Boot Nummer eins, eine IW 31, erwies sich als Niete: Ich passte beim besten Willen nicht in die Koje. Boot Nummer zwei gefiel auch nicht, Nummer drei war eine Bianca 27, die in der Nähe von Stockholm an Land stand. Wir kletterten an Deck und verliebten uns auf Anhieb in die 50 Jahre alte Lady mit Langkiel und wunderschöner Teakverkleidung. Auch das Probeliegen bestand sie bravourös; wie zwei Puzzleteile konnten sich Cati (die glücklicherweise nicht 1,90 Meter misst) und ich in die Bugkoje schmiegen. Auch alle anderen Punkte auf meiner langen Checkliste wurden abgehakt und so saßen wir am nächsten Tag nach einer Probefahrt im Cockpit und unterzeichneten den Kaufvertrag. Preis: 7.000 Euro. Mit einem Bier in der Hand schauten wir völlig überwältigt in den Sonnenuntergang und konnten unser Glück kaum fassen. Wir besaßen tatsächlich ein Boot. Segelfertig, mit relativ neuem Innenborder und in gutem Allgemeinzustand. Auch der Liegeplatz war perfekt; günstig und gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Stockholm aus zu erreichen. Etwa 2.500 Euro investierten wir in Folge in Kajak, Motorteile, Wasserpumpe, Ankerkette, Beschläge, Rettungswesten und andere Ausrüstungsgegenstände. Dann war unsere Alba bereit. Go small, go now, lautete unser Motto.
Holpriger Start
Drei Monate liegen vor uns, geplant haben wir eine große Runde durch die Schären mit Endpunkt in Stockholm. Ehe es losgeht, üben wir fleißig diverse Manöver in der Bucht vor unserem Heimathafen, um uns an das Boot zu gewöhnen. Cati und ich sind nervös, die meisten Sorgen macht uns das Anlegen direkt an einem Felsen, wie es in Schweden üblich ist. An unserem zweiten Übungstag werden unsere schlimmsten Befürchtungen wahr: Unmittelbar nachdem wir das Segel eingeholt haben, rammen wir unter Motor einen Felsen unter Wasser. Es rumpelt, Alba ächzt und hebt sich ein paar Zentimeter an – wir sitzen auf. Das Boot bewegt sich keinen Zentimeter mehr, auch nicht unter voller Motorleistung im Rückwärtsgang. Erst als wir auf dem Heck auf und ab springen und gleichzeitig Vollgasschübe geben, schaukelt sich Alba frei. Sie trägt glücklicherweise nur einen oberflächlichen Kratzer davon, doch bei uns sitzt der Schreck tief. Nun ist mir klar, warum in diesem Revier so viele auf robuste Langkieler schwören.
Es dauert einige Tage, doch dann funktioniert die Kommunikation zwischen uns immer besser und das Anlegen fällt uns zunehmend leichter.