Haidabimbamkreizsacklzement
Intelligente Menschen fluchen sehr viel, heißt es. Und Segler – egal, woher sie kommen – sind intelligent, zum Teufel!
Ich sitz‘ im Cockpit und trink‘ einen Kaffee mit einem Hamburger, der sich meinen Wasserschlauch ausgeborgt hat. Plötzlich ein dumpfer Schlag aus dem Salon der Nachbar-Yacht zu Steuerbord. Und ein lautstarker Monolog: „Himmi Herrgott no amoi Kreizsacklzement vieranond. A sechanes Hundskripplzeigs a ölendigliches! Deifi eini! Jo Himmi, Oarsch und Woiknbruch tuat des weh!“ Die Herkunft des Interpreten ist auch ohne blau-weißen Wimpel unter der Saling leicht zu erraten: Ein Bayer.
Minuten später ein ähnlich dumpfes Geräusch von der anderen Seite und sogleich die Bestätigung, dass auch unser Backbord-Nachbar mit der Situation unzufrieden ist: „Zagrament Kruzifix Halleluija. Verfluacht noamoi! Jo leckst mi am Arsch, Scheißglump verreckts! Ma geat ma der Schoas aufn Zoaga!“ Diesmal verrät die unverwechselbare Zuspitzung des Buchstaben „K“ die Herkunft des Tobenden: Ein Tiroler.
Irgendwie haben die beiden Stoßgebete mehr Gottesfürchtiges als Gotteslästerliches ans Licht gebracht. „Jetzt weiß ich endlich, warum es bei euch in der Adria römisch-katholisch heißt, wenn Boote mit Buganker an der Kaimauer liegen“, schließt der Hamburger.
Hand aufs Herz: Wer von euch hat sich unter Deck noch nie so richtig den Schädel angehaut? Du schaust auf die erhöhte Schott-Schwelle am Boden, um nicht schon wieder vom Salon direkt in die Koje zu stolpern. Dabei vergisst du auf den oberen Türrahmen: Rumms!
Kleine Menschen sind sogar noch anfälliger, weil sie sich am Festland seltener ducken müssen. Wer behauptet, diesen Klassiker noch nie erlebt zu haben, der lügt. Oder stammt von der Fledermaus ab.
Apropos Abstammung: „Haidabimbam, do kennsch grad brilla!“ – so würde uns ein Schwabe verraten, dass er sich soeben eine Beule zugezogen hat. Und dass er brüllen könnte, was er aber ohnehin schon tut.
„Kreiz Birnbam! Heit san de Deifln reidert wurn!“ – ein Segler aus dem oberösterreichischen Mühlviertel vermutet, dass die um einen Birnenbaum reitenden Teufel seinen Unfall verursacht haben.
„Stäcketöri nonemal!“ – jetzt hat ein Schweizer den Türstock gerammt. Ab und zu ist die Übersetzung von Flüchen selbst für Sprachtalente eine Denksportaufgabe.
Der echte Wiener bleibt meist der Mundl-Art treu: „So a Schaaaaaas, heast!“ Etwas subtiler flucht der Berliner: „Mann, oh Mann! Ick gloob meen Schwein pfeift!“ Auch den Kärntner vom Wörthersee erkennt man am Fluchen, wenngleich der Einfluss der Wiener Sommergäste nicht zu leugnen ist: „Lei Dreck, depperter! Ich Togga, ich bleda!“ Wobei das Wort „Togga“ etwa dem „Volltrottel“ entspricht, der in Selbstbeschimpfungen – egal in welcher Mundart – sehr oft mitspielt.
Carsten aus Hamburg und ich plaudern noch über die häufigsten Verletzungen an Bord: Gebrochene Zehen und gequetschte Daumen, Platzwunden und Beulen, Brandblasen, weil die Gasanzünder nie funktionieren und durch Feuerzeuge ersetzt werden müssen, blutige Ellbogen und verstauchte Knöchel. „Die meisten fürchten sich vor dem Untergang“, sagt Carsten. „Aber auf ‘nem Schiff musst du viel anderes erleiden, bevor du endlich ertrinken darfst.“
Carsten ist Sportbootführerscheinprüfer. „Fast kein Unfall hat was mit Wasser oder Wind zu tun“, sagt er, „aber fast jeder mit Ungeschicklichkeit.“ Dann verabschiedet er sich, stolpert übers Stromkabel und schlägt sich an einem Poller das Schienbein blutig. „Mann, ik Dösbaddel! Klei mi ann Mors“, flucht er (wobei das Wort Dösbaddel für einen Franzosen bestimmt leichter auszusprechen ist als Sportbootführerscheinprüfer).
Übersetzung: „Ich Idiot! Leck mich am …“ Nein Carsten, Ich nehm’s eh nicht persönlich. Und ich lach‘ auch nicht. Denn meine am Vortag hart erworbene Beule unterm Haaransatz ist noch deutlich spürbar, zum Kuckuck!