Grenzerfahrungen
Um die Inseln zwischen Thailand und Malaysia ranken sich zahlreiche Legenden und Märchen. Kein Wunder, bieten sie doch mit ihrer unberührten Natur, der bunten Unterwasserwelt und kulinarischen Leckerbissen jede Mange Stoff zum Träumen
Was riecht nach Marzipan und rollt sich zu einer Kugel zusammen, wenn es Angst hat, obwohl es auf seinen hunderten Füßen fliehen könnte? Richtig. Ungläubig starren wir auf den zusammengerollten, duftenden Tausendfüßer in Peter Höfingers Hand. Auf Höfingers Visitenkarte steht „Naturerzähler“. Wie treffend.
Zur Einstimmung auf unseren Törn rund Langkawi und durch den thailändischen Nationalpark Tarutao lassen wir uns von dem gebürtigen St. Pöltner, der seit 18 Jahren auf Langkawi lebt, durch den ältesten unveränderten Regenwald der Welt führen. Keine schlechte Idee, finden wir, sind doch die Inseln, die wir bald erkunden werden, zum Großteil von dichtem Regenwald bedeckt. Wir lernen unter anderem, dass man mit gezielten Schlägen gegen eine Baumwurzel um Hilfe rufen kann, Seegurken Hautverbrennungen heilen und man am besten den Langschwanzmakaken folgen sollte, falls man sich im Regenwald verirrt.
Dementsprechend präpariert brechen wir vom Royal Langkawi Yacht Club auf, in dem die Basis von Dream Yacht Charter und damit auch unser Kat Bali 4.3 stationiert ist. Da es bereits dämmert und der Regen schlimmer als in jedem Regenwald ist, fahren wir nur ums Eck in die Bucht Penarak und lassen den Anker in drei Metern Tiefe auf schlickigen Grund fallen. Am nächsten Tag heißt es früh aufstehen. Da wir am Vortag am Fährterminal von Kuah ausklariert haben, müssen wir unser Ziel in Thailand innerhalb von 24 Stunden erreichen. Die auslaufende, aber dennoch starke Dünung aus Nordost in Kombination mit wenig Wind machen die 40 Meilen nach Ko Lipe zu einem ungemütlichen Unterfangen.
Das einst als Geheimtipp gehandelte Ko Lipe ist inzwischen zu einer typisch thailändischen Urlaubsinsel geworden: bunt, laut, lebhaft aber trotzdem mit einem gewissen Charme. Longtail-Boote knattern kreuz und quer durch die Pattaya Beach, als wir am frühen Nachmittag zwischen anderen Yachten, Ausflugsbooten, Fischern und einem hässlichen Schwimmponton unseren Anker werfen. Die vier Kilometer lange, wie ein Bumerang geformte Insel gehört als einzige im Archipel nicht zum Nationalpark Tarutao. Als dieser als erster Nationalpark Thailands Anfang der 1970er gegründet wurde, übergab man die Insel den Seenomaden. Landspekulanten rissen sich Ko Lipe jedoch Stück für Stück unter den Nagel, so dass nur noch 500 Chao Leh im Inselinneren wohnen. Rundherum entstanden Resorts, Bungalows, Restaurants und Shops – der Bauboom kennt keine Grenzen. Auch die Touristen kommen in Strömen und Ko Lipe hat sich als Verkehrsknotenpunkt für Schnellboote und Longtail-Boote aus allen Richtungen sowie für die Fähre nach Langkawi etabliert.
Eine Formalität verwaltungstechnischer Natur
In der Hochsaison befindet sich daher eine Zweigstelle der Einwanderungsbehörde direkt am Strand. Das Einklarieren gestalte sich völlig problemlos und innerhalb einer halben Stunde, hatte unsere Agentin in Langkawi versichert. Während meine Mitsegler also schon im Cafe Lipe an ihren Kokosnüssen nippen, marschiere ich locker und guten Mutes mit unseren Reisepässen zum Schalter. Dort nimmt das Unheil seinen Lauf. Der diensthabende Beamte ist alles andere als locker. Wir müssen nicht nur einen Haufen Formulare ausfüllen, sondern auch jeder persönlich beim Beamten antanzen. Auf Yachties scheint man hier nicht eingestellt sein. Ich soll Angaben zur Fracht, unseren Bruttoregistertonnen und der Nummer meines Seefahrtsbuches machen. Als dann auch noch ein wahnsinnig wichtiger gelber Zettel fehlt, ist der Ofen aus. Ich komme mir vor wie Asterix beim Besorgen des Passierscheins A 38 aus dem „Haus, das Verrückte macht“. Nach zahlreichen Telefonaten mit unserer Agentin auf Langkawi wird eine Kopie des gelben Zettels per Email geschickt. Die Beamten sind dennoch nicht zufrieden: Er weist nur einen statt der erforderlichen drei Stempel auf. Inzwischen stecken fünf Thai ihre Köpfe zusammen, um über unseren schwierigen Fall zu beraten.